1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Mario Vargas Llosa: Mario Vargas Llosa: Erster Geburtstag als Nobelpreisträger

Mario Vargas Llosa Mario Vargas Llosa: Erster Geburtstag als Nobelpreisträger

Von Klaus Blume 27.03.2011, 10:10
Der peruanische Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa spricht in Mexiko City (Mexiko) bei einer Konferenz in der Nationalen Autonomen Universität von Mexiko. (ARCHIVFOTO: DAPD)
Der peruanische Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa spricht in Mexiko City (Mexiko) bei einer Konferenz in der Nationalen Autonomen Universität von Mexiko. (ARCHIVFOTO: DAPD) dapd

Berlin/dpa. - Das schönste Geschenk gab es für Mario Vargas Llosaschon einige Monate vor seinem runden Geburtstag: Als er kaum nochdamit rechnete, Jahrzehnte nach seinen ersten großen Erfolgen,erhielt der ergraute Schriftsteller im vorigen Herbst denLiteraturnobelpreis. Jetzt hat der Weltbürger, der in Europa ebensozuhause ist wie in seinem Geburtsland Peru, wieder Grund zum Feiern:Am Montag (28. März) wird Vargas Llosa 75 Jahre alt.

Der Peruaner, der auch die spanische Staatsangehörigkeit besitzt,ist einer der großen alten Männer der lateinamerikanischen Literatur.Eigentlich war er es, der 1962 mit seinem Roman «Die Stadt und dieHunde» (dt. 1966) den sogenannten «Boom» einleitete, den Siegeszuglateinamerikanischer Literatur in der Welt, zu dem auch Autoren wieGabriel García Márquez (Kolumbien), Carlos Fuentes (Mexiko) oderJulio Cortázar (Argentinien) beitrugen. Es folgten «Das grüne Haus»(1967, dt. 1968) und «Gespräch in der Kathedrale» (1969, dt. 1976).Viele Kritiker halten diese drei frühen Romane für seine besten.

Schon damals lebte der 1936 im südperuanischen Arequipa geboreneLiterat die meiste Zeit in Europa. Sein Weg hinaus in die Welt hattemit einem handfesten Krach begonnen: 1955 heiratete er gegen denhärtesten Widerstand der eigenen Familie im zarten Alter von 19Jahren seine zehn Jahre ältere angeheiratete Tante Julia Urquidi.Beide zogen erst nach Madrid und dann nach Paris, wo die Ehe 1964 zuBruch ging. Vargas Llosa heiratete ein Jahr später wieder, diesmalseine Cousine Patricia Llosa, eine Nichte seiner ersten Frau. Mit ihrist er noch heute verheiratet und hat drei Kinder.

Seiner ersten Frau setzte er 1977 mit «Tante Julia und derKunstschreiber» (dt. 1979) ein literarisches Denkmal, ein eherheiterer Roman, in dem er die Beziehung verarbeitete. Julia fand dasgar nicht witzig und schrieb einige Jahre später das Gegenbuch «Loque Varguitas no dijo» («Was der kleine Vargas nicht sagte»). DemRuhm des Großschriftstellers tat das keinen Abbruch.

Seine Werke erfassten mit den Jahren ein immer breiteres Spektrumund beschränkten sich thematisch längst nicht mehr auf seinHeimatland Peru. Ein großer Erfolg der späten Jahre wurde «Das Festdes Ziegenbocks» (2000, dt. 2001), ein Roman über Leben und Tod desdominikanischen Diktators Rafael Leónidas Trujillo. Sein im Novembererschienener jüngster Roman «El sueño del celta» («Der Traum desKelten») soll auf Deutsch im September bei Suhrkamp herauskommen. DieLebensgeschichte des irischen Diplomaten Roger Casement zählt abernicht zu Vargas Llosas stärksten Werken.

Vargas Llosa ist ein politisch engagierter Schriftsteller, deraber nicht nur wie seine Nobelpreiskollegen Günter Grass oder GarcíaMárquez öffentlich Stellung bezieht, sondern sich auch einmal selbstals Politiker versucht hat. 1990 wollte er Präsident werden. Er zognach Peru in den Wahlkampf, hielt landauf landab wunderschöne Reden,die seine Freunde entzückten, die von der einfachen Landbevölkerungaber nicht verstanden wurden. Am Ende siegte der Außenseiter AlbertoFujimori - und Vargas Llosa sagte der aktiven Politik Lebewohl.

Seine radikal liberalen Ansichten machen Vargas Llosa in der nachlinks neigenden lateinamerikanischen Intellektuellenzunft zumAußenseiter. Mit seinem einstigen Freund García Márquez, einemParteigänger Fidel Castros, hat er sich längst überworfen. Er sollihn sogar einmal mit einem Faustschlag zu Boden gestreckt haben. Überdie Gründe - ob Frauen oder Politik - wird seit dem Vorfall vomFebruar 1976 spekuliert. Fakt ist, dass die beiden Herren seitJahrzehnten nicht mehr miteinander sprechen.

Aber eigentlich neigt der Literat nicht zur Gewalt. Menschen, dieihn kennen, preisen ihn als höflich, als angenehm im Umgang und -falls es sich um weibliche Gesprächspartner handelt - als «Kavalierder alten Schule». Er beeindruckt mit seiner umfassenden Bildung,aber auch mit der Bereitschaft zuzuhören. Und er ist auch ein sehrdisziplinierter Arbeiter, dem der Nobelpreisrummel die gewohnteRoutine durcheinanderwirbelte. An Rente mit 75 denkt Vargas Llosanicht. «Der Tod wird mich mit der Feder in der Hand antreffen», sagteer bei der Vorstellung seines jüngsten Romans.