Malerei Malerei: Curt Querner war von der Kunst besessen
Halle/MZ. - Spät entdeckt
Der Preis für den 1976 gestorbenen kompromisslosen Maler war die Randexistenz. "Entdeckt" wurde Curt Querner, der Maler aus Börnchen im Erzgebirge, in den 60er Jahren, als er fast ebenso alt war. "Ein sehr wichtiges Phänomen", "historisch überfällig", nennt das Lothar Lang in seinem 2002 erschienen Buch zur "Malerei und Graphik in Ostdeutschland".
Ist Curt Querner in diesen Tagen erneut "überfällig"? Zu seinem hundertsten Geburtstag bescherte ihm 2004 das Dresdner Albertinum eine Ausstellung, und jetzt breitet das hallesche Landeskunstmuseum Moritzburg seine wahrhaft erstaunlichen Bestände an Querner-Werken aus.
Nimmt man diverse Rückschauen auf DDR-Kunst zu Maßstab, so ist es weiterhin Curt Querner, der links liegen bleibt. Die "Bestandsaufnahme" in der Moritzburg zeigte vor fünf Jahren kein einziges Werk aus dem Fundus von 17 Gemälden und 97 Arbeiten auf Papier. Und die Berliner Nationalgalerie in ihrer erklärten Neubewertung von "Kunst in der DDR" vom vergangenen Jahr - ohnehin fast blind auf dem sächsischen Auge - holte nur das "Elternbild" von 1948 hervor.
Dabei vertritt Querner wie nur eine Handvoll anderer Künstler jene Kunst "in" der DDR. Für sein Werk ebenso wie für sein Leben ist das Vorhandensein dieses Staates bedeutungslos. Man lese die im Katalog erstmals in größerer Auswahl veröffentlichten Tagebuchnotizen - erst recht eine Entdeckung zu Querner. Sein Credo erklärt er schon 1939: "Ich will nur leben und malen. Alles andere interessiert mich nicht." Und 1960: "Ich will in dieser Scheißzeit wenigstens das malen, sagen, was ich will!"
Im Zusammenhang mit dem Werk gibt es da nichts zu missverstehen. Querner strebt nicht den Rückzug an, vielmehr ist ihm die Selbstbeschränkung lebenswichtig. Belesenheit und kunsthistorisches Bewusstsein pflegt er, zu Fuß reist er als junger Mensch quer durch die Lande, aber er braucht zum Malen nur sein Dorf, die Bauern, die Landschaft. Wenn er das malt, dann um "mit der Natur fertig zu werden".
Das gibt seinem Nachforschen in derben Bauerngesichtern, seiner unablässigen Selbsterkundung, auch seiner erschütterten Vertrautheit mit dem Siechtum der Leidensgenossen aus den französischen Lagern das, was man Allgemeingültigkeit nennen könnte. Fern des Anekdotischen befragt er das Menschsein an sich.
Fleischliche Pracht
Die lustvolle Seite erfährt geradezu eine Apotheose in "Herta". Dieses bäuerliche Modell war von einer fleischlichen Pracht, die er in seiner erklärten Autonomie nicht allein auf der Leinwand zelebrierte. "Ein Rausch, so was zu malen", "Großes Euter der Natur", "das Tierische", "das Erdweib", "die reife, straffe Frucht", ja und: "Ärsche, saftige Ärsche, von mir gemalt".
Da steht man dann vor diesen Aquarellen, die durch Ab- und Einreiben der Farbe anmuten wie wächsern, so dass sie verdichtet wirken wie Kreidezeichnungen und zugleich unendlich zart verfließen. Querners Handschrift liegt ganz im Gegensatz von diesen meisterhaft koloristischen Wirkungen und kräftig gesetzter Kontur.
Seine Bilder wissen von Rembrandt, von van Gogh, von Courbet, sie haben Otto Dix und George Grosz gekannt und verworfen. Am Ende sind sie unvergleichlich in ihrer eigenbrötlerischen Eigenständigkeit, in ihrer Entschiedenheit, die nur ein Getriebener ein Leben lang durchhalten konnte.
Bis 3. Juli, Di 11-20.30, Mi-So 10-18 Uhr. Katalog 18 Euro.