Magersucht-Kritik von Psychiater Manfred Lütz Magersucht-Kritik von Psychiater Manfred Lütz: ProSieben fordert Unterlassung von Kölner GNTM-Kritiker

Köln - Am Donnerstagabend modeln und schluchzen beim Finale der zehnten Staffel von „Germany's Next Topmodel“ vier Teenager um die Gunst von Model-Mama Heidi. Wie in vorangegangenen Staffeln der Show waren es nicht nur Dauerzickereien, die die Schlagzeilen dominierten, auch das Thema Magersucht war einmal mehr ein Dauerbrenner. So scharf wie Manfred Lütz hat das Format wohl noch niemand kritisiert. Die Sendung sei eine „mörderische Show“ und nehme „eiskalt den Tod junger Mädchen in Kauf, um Kohle zu machen“, sagte Manfred Lütz, Chefarzt des Alexianer-Krankenhauses in Köln-Porz, der „Bild“-Zeitung.
Das wollte der Sender nicht hinnehmen. Er schickte dem Mediziner jetzt eine Unterlassungserklärung, in der es heißt: „Diese (innere) Tatsache entspricht nicht der Realität und ist zudem kreditschädigend bzw. herabwürdigend.“
Magersucht-Studie
Grund für Lütz' Attacke war eine Magersucht-Studie, die das Format in ein düsteres Licht stellt. Das „Internationale Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen“ (IZI) kam zu dem Ergebnis, dass die Modelshow starken Einfluss auf magersüchtige Frauen habe. Demnach gaben 70 von 241 Patientinnen an, die Sendung von Heidi Klum habe negative Auswirkungen auf ihren Krankheitsverlauf. Lütz sagt: „Magersucht ist die tödlichste psychische Erkrankung, die es gibt. Zehn bis 15 Prozent der jungen Frauen sterben daran.“
Erwartungsgemäß wies ProSieben die Kritik an der Sendung zurück. Allerdings brachte die Art und Weise den Kölner Mediziner, der selbst Vater zweier Töchter im besten Model-Alter ist, erneut in Rage. Der Sender hatte kommentiert, dass Übergewicht das gesellschaftlich größere Problem sei und gesunde und nachhaltige Ernährung in dem Format eine wichtige Rolle spiele.
Für Lütz, Kämpfer gegen die Magersucht, ein Affront. Er bezeichnete die Stellungnahme als „puren Zynismus“ und forderte eine Entschuldigung von den Verantwortlichen. Die blieb aus, aber kurz darauf meldete sich Günther Klum, Vater des Erfolgs-Models aus Bergisch Gladbach. Er rief bei Lütz' Sekretärin an und lud die 17- und 18-jährigen Töchter des Arztes in die Sendung ein. Der Psychiater lehnte ab. Rasch entspann sich ein E-Mail-Verkehr zwischen den beiden Männern, der dem Kölner Stadt-Anzeiger vorliegt. An dessen Ende flatterte dem Arzt per Mail eine Unterlassungserklärung ins Haus. Absender war nicht Klum, sondern ein Anwalt, der im Auftrag der Sendergruppe ProSieben Sat.1 tätig ist.
„Das ist schon kabarettistisch“, sagt Lütz dieser Zeitung. „Nur einen Tag nach dem Internationalen Tag der Pressefreiheit will man mir die Meinung verbieten. Das ist schon was.“ Die Unterlassung habe er nicht unterzeichnet. Und den Mund wolle er auch künftig nicht halten. „Jetzt erst recht!“