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Magdeburg Magdeburg: Villa Kunterbunt am Elbestrand

Von ANDREAS HILLGER 01.07.2009, 17:36

MAGDEBURG/MZ. - Hinter der Tür lauert der chronisch eifersüchtige Senor Histangua, der die Ehre seiner Frau mit vorgehaltener Waffe verteidigen will. Ein Vorhang verbirgt den mitteilsamen Camille, der wegen eines Gaumenleidens leider nur Vokale sprechen kann - und dessen Behandlung den selbstverliebten Doktor Tournel von seinen eigentlichen erotischen Absichten ablenkt. Wer in dieser Villa Kunterbunt auf dem Magdeburger Sandwerder Quartier nimmt, muss sich also auf hysterische Infekte einstellen, die durch einen "Sommerfloh" übertragen werden.

Die Komödie "Floh im Ohr" von Georges Feydeau hat das Theater an der Angel als Köder der Saison ausgeworfen. Die erfolgreichste Privatbühne des Landes lockt auch in diesem Jahr in die verwunschenen Gemächer und den zauberhaften Garten ihres Domizils - und produziert dabei erneut Superlative. Zehn Darsteller tummeln sich auf den diversen Bühnen des Hauses, in dem selbst der Rosé-Wein nach der Prinzipalin Ines Lacroix und das Flaschenbier nach dem Intendanten Matthias Engel heißt.

Schon vor dem Stück darf man durch Fenster spähen und an Lauben lauschen, hört man aus dem Boudoir erotische Geschichten und aus dem Souterrain Grammophon-Lieder. Der eigentliche Schauplatz freilich findet sich dann im Saal, wo ein raumgreifender Bilderrahmen das Breitwand-Drama im Hause Chandebise fasst. Und dann geht es - geleitet vom Hotelchef Ferraillon - zurück in den Hof, wo das klassische Tür-auf-Tür-zu-Prinzip der Komödie an einer Fensterfront sowie an einem drehbaren Lotterbett demonstriert wird. Peter Wittig hat die Geschichte flott und mit Freiraum für die Darsteller arrangiert, die dieses Angebot weidlich nutzen: Da ist Matthias Engel, dem seine Doppelrolle als leicht verklemmter Ehemann und als schwer enthemmter Hausdiener auf den Leib geschneidert scheint. Da ist Ines Lacroix, die zwischen gutbürgerlichem Kammerton und vulgärer Beschimpfung bruchlos wechselt. Da ist Lars Wild als quicker, auch in Liebesdingen pragmatischer Arzt und Eckhard Greiner als sein bester Patient, der aus seinem kleinen Handicap eine Bravournummer macht. Und da sind - neben der "spanischen Orange" Histangua (Christoph Baselt) und seiner Gattin (Susann Kloss) - Aki Rüther und Anja Hursie, Martin Goldschmidt und Beat Lacroix als Diener und Störer des Geschehens.

Es ist eigentlich ein süßes Nichts, was da an warmen Abenden am Elbufer serviert wird - eine Petitesse, die beim Zuschauer dennoch ein bleibendes Gefühl hinterlässt. Anders freilich als bei einem Flohstich geht dieser Reiz nicht nur unter die Haut, sondern direkt ins Herz. So einfach und schön, so einfach schön kann Theater noch immer sein.

Vorstellungen in der Zollstraße 19 in Magdeburg bis 2. August, täglich außer montags 20.30 Uhr