Abbilder Kaiserlicher Macht Magdeburg eröffnet Dommuseum Ottonianum

Magdeburg - „Auch kostbaren Marmor, Gold und Edelsteine ließ der Caesar nach Magdeburg schaffen.“ Immerhin ein wenig von dem Marmor aus Italien, den laut Bischof Thietmars Chronik jener Caesar, das ist Otto der Große, dem Dom seiner stolzen neuen Bischofsstadt spendierte, bekommt man jetzt im „Ottonianum“ zu sehen - zerbrochene Säulen und ein korinthisches Kapitell, außerdem glasierte Ziegel mediterraner Art.
Magdeburg will Europäische Kulturhauptstadt werden
Stolz ist die Landeshauptstadt auch jetzt. Sie will Europäische Kulturhauptstadt werden und kann dafür diesen „Erinnerungsort von europäischem Format“ (Kulturdezernent Matthias Puhle) als Teil einer künftigen „Museumsachse“ (Oberbürgermeister Lutz Trümper) gut gebrauchen.
Für den Landesarchäologen Harald Meller ist das vier Millionen Euro teure Haus gar „eines der schönsten und interessantesten“ im Land.
Bleisarg Königin Edithas gilt als sensationellster Grabungsfund
Die Magdeburger werden es gerne hören, haben sie doch nicht vergessen, dass er 2009 den sensationellsten Grabungsfund, den Bleisarg der Königin Editha, in sein eigenes schönes und interessantes Museum nach Halle abtransportieren ließ.
Nun hat das matt schimmernde Stück einen Ehrenplatz im Mittelgang des Museums bekommen, nebst dem konservierten Bruchstück des adlergemusterten Seidengewebes ihres Totengewands.
Kostbare Stoffe gibt es auch aus Bischofsgräbern zu sehen: die Reste einer Mitra von 1363 und - vollends ungewöhnlich - ein Paar perlenbesetzte Schuhe aus Goldbrokat, verschrumpelt zwar, aber erkennbar ein Würdezeichen nur der höchstrangigen Kirchenfürsten.
Ein goldener Messkelch kommt hinzu, ein goldenes Löwenköpfchen und Sandsteinfiguren vom Westportal. Damit ist aber fast schon aufgezählt, was es an Originalen in diesem neuen Touristenmagneten gibt, in Ideallage gegenüber vom Westportal.
Architekten der Arche Nebra haben Ort zum Museum verwandelt
Es sind die Zürcher Architekten Kobler Holzer (von ihnen ist auch die „Arche Nebra“), die den Ort zum Museum verwandelt haben. Es handelt sich um die Schalterhalle der 1920-1923 erbauten ehemaligen Reichsbank, ein lichter Raum mit großen Fenstern zu beiden Seiten und einer doppelten Stützenreihe in der Mitte.
Die Architekten hatten den Einfall, ihre Einbauten an der Achse des Doms auszurichten und somit gegen die Stützenreihe zu verschwenken. Das macht es möglich, den Editha-Sarkophag mit dem Grabmal auf derselben Linie zu platzieren. Von der Lichtfülle aber lassen die Einbauten nicht mehr viel übrig.
Bronzebildnis Erzbischof Ernst von Wettins
Auch passt die Idee mit der Achse schon nicht mehr bei einem weiteren aufsehenerregenden Exponat, dem Bronzebildnis des Erzbischofs Ernst von Wettin - nicht dem Original aus dessen Grabkapelle unter den Westtürmen, sondern einem staunenswerten Produkt allerneuester 3D-Drucktechnik.
Am Bischof Ernst in seinem frappierend originalgetreuen Computerguss kann man aber so recht ins Grübeln kommen, was es eigentlich ist, das dieses Museum vermitteln will.
Schließlich gibt es die Originale gleich gegenüber, da wo sie hingehören. Bischof Ernst allerdings, im Museum am Rand und hoch aufgestellt, hat sich in seiner Kapelle im Dom mittig, in einer Linie mit dem Otto-Grabmal, darstellen lassen, und zwar liegend, auf einer Tumba umgeben von Heiligen.
Der Raum stellt ein Gesamtkunstwerk des Mittelalters dar. Aber er ist unzugänglich, den Blicken entzogen hinter dem (kostbaren) schmiedeeisernen Gitter, obwohl eine partielle Öffnung, wenigstens bis vor die Tumba, durchaus möglich wäre.
Museumsbesucher erhalten Einblick in historische Zusammenhänge
Von den historischen Zusammenhängen bekommt der Besucher eine Vorstellung mittels Texten, Karten, Bildtafeln und Repliken, die manche berühmten ottonischen Stücke zeigen. In einem Video durchläuft der gotische Dom seine Bauphasen durch die Jahrhunderte.
Man sieht den Abbruch des frühgotisch begonnenen Westportals und den Umzug der Säulenfiguren in den Chor. An diesem Portal waren die Anleihen bei der französischen Kathedralgotik besonders deutlich, die ist aber außer in ein paar Grundrissen nirgends angesprochen, ebenso wenig der Einfluss der Zisterziensergotik.
Ottonisches Bauprogramm bringt Grabungen ans Licht
Und was ist eigentlich über das ottonische Bauprogramm zu erfahren, über das die Grabungen der letzten Jahre viele neue Anhaltspunkte ans Licht brachten - und damit den Anstoß zu diesem Museum gaben?
Es darf als gesichert gelten, oder doch wenigstens als eine ernstzunehmende Hypothese, dass neben dem Vorgänger-Dom ein zweites monumentales, kostbar ausgestattetes, wohl an römischen Vorbildern orientiertes Kirchenbauwerk stand.
Man darf sich eine Doppelkirchenanlage vorstellen, hoch über der Elbe aufragend, den Machtanspruch des Kaisers großartig in Stein umgesetzt.
Aber im Ottonianum hat man sich auf ein Massenmodell aus Acrylglas allein vom Vorgängerbau des Doms beschränkt. Eine der wirklich aufregenden neuen Erkenntnisse über das kaiserliche Magdeburg fand den Weg nicht ins Ottonianum, nicht als Modell, nicht als Simulation? Was hat die potenzielle Kulturhauptstadt daran gehindert?
››Geöffnet ab Sonntag, tägl. 10-17 Uhr, Ausstellungsführer 6,50 Euro, Zeitkarten buchbar auf: www.dommuseum-ottonianum.de (mz)