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Lyrik Lyrik: Joseph von Eichendorff, auf Rosen gebettet

Von Christian Eger 15.06.2005, 16:58

Köthen/MZ. - Warum Köthen? Und warum dieses Haus, an dem heute eine Tafel an den Dichter erinnert? Ein schönes Gebäude übrigens, ganz architektonisches Biedermeier: einstöckig, klassizistisch, mit Mansardendach und Fledermausgauben, die zwei Säulen vor dem Eingang mit Rosen umrankt; das alles ist gut über die Jahrhunderte gekommen - nur das Magdeburger Tor ist (bis auf ein Wachhäuschen) verschwunden, ebenso die Magdeburger Teiche, die dem Haus gegenüber lagen, dort steht heute das vorbildlich sanierte Polytechnikum von 1897.

Die 150. Wiederkehr des zweiten Dichter-Aufenthaltes ist Köthen nun einigen Aufwand wert: eine Kabinettsausstellung im Schloss (bis 30. Oktober), die unter anderem Handschriften präsentiert. Und ein schönes, vom Museum Köthen und dem Verein für Anhaltische Landeskunde im Verlag Janos Stekovics herausgegebenes Büchlein: "...und keiner mehr kennt mich auch hier. Der Dichter Joseph Freiherr von Eichendorff und Köthen in Anhalt" - mit Beiträgen von Inge Streuber (Eichendorff in Köthen), Eckhard Grunewald (Handschriften) und Norbert Pietsch (Kulturraum Oberschlesien).

Seit seiner Pensionierung 1844 lebte Eichendorff demnach aus Kostengründen im Haushalt seiner 1817 geborenen Tochter Therese und deren Ehemannes, des preußischen Offiziers Louis von Besserer-Dahlfingen. Eichendorffs Ehefrau Louise gehörte genauso zum Haushalt wie die Enkelkinder. Und weil Schwiegersohn Louis beruflich ständig wandern musste, reiste der Eichendorff-Clan vollständig mit.

Das Haus in Köthen gehörte zum Zeitpunkt der ersten Tour 1849 Major Nicolaus Joseph von Holly-Poniencziecz, einem Vetter der Ehefrau Eichendorffs. 1854 trat Holly einen Posten in Dessau an, sein Köthener Haus verkaufte er an die Eichendorff-Tochter Therese. Die Umstände bleiben rätselhaft. Therese hielt sich kaum in Köthen auf, ihr Mann war von 1849 an in Berlin, ab 1855 in Neisse stationiert. Zudem bezeichnete sich der Dichter selbst als Hauseigentümer. Genug Anlass für Spekulationen. Inge Streuber fragt nun in dem Stekovics-Band, ob Eichendorff seinem lieben Holly gefällig sein wollte? Fest steht nur, dass Therese das Haus 1860 wieder verkauft hat.

Fünf Monate also verbrachte der Eichendorff-Clan 1855 im Köthener Haus, Nachrichten darüber sind nicht überliefert. Der Dichter wird die 1832 von Bandhauer vollendete Katholische Kirche besucht haben, vielleicht auch die neu eröffnete Homöpathische Klinik des Dr. Arthur Lutze. Die Gedichte, die das Eichendorff-Büchlein präsentiert, stammen aus dem Jahr 1837 und sind um 1900 von der Stadt Köthen erworben worden: als Erinnerung an den letzten Romantiker, der "in Rosen" wohnen durfte.