Lux-Kino Halle Lux-Kino Halle: Kommunistische Kindheit im Wirtschaftswunderland
Halle/MZ. - Das möchte wie eine Karikatur besonders linientreuer DDR-Funktionäre anmuten - wäre da nicht der Umstand, dass es in der DDR weder Coca Cola noch Comics gab, die Eltern ihren Kindern überhaupt hätten vorenthalten können. Tatsächlich spielt die Geschichte, von der Precht erst in einem Buch, nun in einem Dokumentarfilm erzählt, auch in einer Art Zwischenreich: einer idealistischen kommunistischen Gemeinde im alten Westen.
Eine Ecke, in die der Ostmensch hinter seiner Mauer kaum sehen konnte - und es gewiss auch gar nicht gewollt haben würde. Für Otto Normalverbraucher im Sozialismus wären diese Leute wohl schlichtweg Irre gewesen. Für die Wirtschaftswunderkinder im Westen waren sie es bestimmt. Der Regisseur André Schäfer und sein Autor berichten mit viel Wärme und Humor über Prechts Kindheit in Solingen, nichts wird beschönigt und niemand denunziert. "Lenin kam nur bis Lüdenscheid. Bis Solingen ist er nicht gekommen. Aber fünfundzwanzig Kilometer weiter östlich, im Zeltlager in Lüdenscheid, schien die Weltrevolution bereits geglückt", erinnert sich Richard David Precht.
Dabei wird immer wieder geschickt der Horizont der Weltgeschichte gesucht. 1964, in Prechts Geburtsjahr, verlor der Sowjetführer Chrustschow alle seine Ämter, ein Jahr später begannen die USA ihren Krieg gegen Vietnam. Prechts Familie stand nicht nur mit ihrem Protest dagegen: Sie adoptierte zwei Waisenkinder aus dem südostasiatischen Land.
"Lenin kam nur bis Lüdenscheid" zeichnet ein Bild von Menschen, die zwischen Philosophie, Zeltlager und Gerechtigkeitsglauben wohl auch sektiererisch, aber auf eine Weise tapfer waren, die man erstaunlich finden wird.
Der Film läuft morgen um 20.15 Uhr im Lux Kino Halle.