1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Literatur: Literatur: Johannes Mario Simmel ist tot

Literatur Literatur: Johannes Mario Simmel ist tot

02.01.2009, 18:05
Johannes Mario Simmel im Juli 1996. (FOTO: DPA-ARCHIV)
Johannes Mario Simmel im Juli 1996. (FOTO: DPA-ARCHIV) KEYSTONE FILE

Hamburg/Zug/dpa. - Berühmt wurde der Österreicher unteranderem mit den von Kritikern zumeist als trivial eingestuftenRomanen wie «Es muss nicht immer Kaviar sein» (1960), «Jimmy ging zumRegenbogen» (1970) und «Der Stoff, aus dem die Träume sind» (1971).Seine rund 35 Romane und Erzählungen erschienen weltweit in 33Sprachen in einer Auflage von 73 Millionen. Zahlreiche seiner Werkewurden zudem verfilmt. Simmel zählt zu den erfolgreichstendeutschsprachigen Schriftstellern, der stets engagiert Themen derZeit verarbeitet hat.

Wie Bitzi mitteilte, will die Familie nichts Näheres zurTodesursache des Schriftstellers sagen. Sie plane eine Beisetzung imengsten Familienkreis. «Herr Simmel war seit einiger Zeitpflegebedürftig und lebte in einer Altersresidenz bei Zug», sagte derAnwalt.

Simmel wurde am 7. April 1924 in Wien als Sohn eines Chemikers undeiner Filmverlags-Lektorin geboren. Die Eltern stammten aus Hamburg.Simmel verbrachte seine Kindheit in Österreich und England. In derösterreichischen Hauptstadt machte er Abitur und absolvierteanschließend eine Ausbildung zum Chemieingenieur. AlsHeilmittelchemiker arbeitete er ab 1943 in einem kriegswichtigenBetrieb.

Bereits als 17-Jähriger legte er seinen ersten Novellenband«Begegnung im Nebel» vor, der 1947 im Zsolnay Verlag erschien. Nachdem Krieg arbeitete er zunächst als Dolmetscher für die US-Militärregierung in Österreich und schrieb nebenher seinen erstenRoman «Mich wundert, daß ich so fröhlich bin», der 1949 erschien undZeitungs- wie Filmleute auf ihn aufmerksam machte. Das Debüt basiertauf eine wahre Begebenheit aus dem Zweiten Weltkrieg und begründeteSimmels Ruf als Autor dokumentarisch untermauerter Romane. Nahezuzeitgleich wurde er Österreichs jüngster Kulturredakteur und wenigspäter Drehbuchautor beim Film. Ein Jahr später zog er nachDeutschland, wo er für die Zeitschrift «Quick» als Reporter durch dieganze Welt reiste.

Seinen Durchbruch als Romanautor feierte Simmel mit demAgentenroman «Es muss nicht immer Kaviar sein», der zunächst alsFortsetzung in einer Illustrierten erschien und später ebensoverfilmt wurde wie «Lieb Vaterland, magst ruhig sein» (1965) (1965),«Und Jimmy ging zum Regenbogen» (1970), «Der Stoff, aus dem dieTräume sind» (1971), oder «Liebe ist nur ein Wort» (1971). Insgesamt18 verfilmte Simmel-Romane kamen immerhin im deutschsprachigen Raumin die Kinos.

Simmel widmete sich stets aktuellen und brisanten Themen.Nachkriegsdeutschland oder die Berliner Mauer thematisierte er ebensowie Alkoholmissbrauch, Drogen, Gen-Manipulation, Rechtsradikalismusund Organspende. Dabei recherchierte er die Geschichten bis insDetail und reicherte sie oft mit einer Portion Erotik an. Dabeiwollte er seine Leser aufklären. «Schönschreiberei» führte seinerMeinung nach zu nichts.

Die literarische Anerkennung seines Werkes blieb ihm dennochversagt. «Bestenfalls als gehobene Trivialliteratur» stuften diemeisten Kritiker seine Romane ein. Immerhin zollte ihm Literatur-Papst Marcel Reich-Ranicki einiges Lob: «Simmel hat wie kaum einanderer zeitgenössischer Autor einen fabelhaften Blick für Themen,Probleme, Motive».

Wie beliebt und aktuell Simmels Themen noch heute sind, zeigtenZDF-Neuverfilmungen im vergangenen Jahr. «Gott schützt die Liebenden»mit Iris Berben und Peter Simonischek sahen im Dezember immerhin 5,22Millionen Zuschauer. Noch mehr Menschen (5,5 Millionen) verfolgten imSeptember die Neuverfilmung von «Und Jimmy ging zum Regenbogen».

Der Schriftsteller Johannes Mario Simmel im Mai 2005. (FOTO: DPA)
Der Schriftsteller Johannes Mario Simmel im Mai 2005. (FOTO: DPA)
KEYSTONE FILE