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Literatur Literatur: Für Hexen, Zauberer und andere Harry-Potter-Fans

Von Britta Gürke 04.12.2008, 15:31
Cover des neuen Buches von Joanne K. Rowling: Der Schutzumschlag für «Die Märchen von Beedle dem Barden» wurde von der Harry-Potter- Illustratorin Sabine Wilharm gestaltet. (FOTO: DPA)
Cover des neuen Buches von Joanne K. Rowling: Der Schutzumschlag für «Die Märchen von Beedle dem Barden» wurde von der Harry-Potter- Illustratorin Sabine Wilharm gestaltet. (FOTO: DPA) Carlsen

Hamburg/London/dpa. - Nur einmal imJahr, zur Sommersonnenwende, kann ein einziger Mensch hierhergelangen und buchstäblich im Glück baden. Klingt märchenhaft - hataber einen Haken: Die angeblich magische Fontäne im neuen Buch vonHarry-Potter-Schöpferin Joanne K. Rowling hat nämlich gar keineZauberkraft. Glücklich werden die drei Hexen und der Ritter mit Namen«Glücklos» trotzdem, als sie das falsche Wässerchen entdecken. Wie inallen fünf Geschichten des neuen Rowling-Buches «Die Märchen vonBeedle dem Barden» gibt es nämlich eine eindeutige Moral: Für deinGlück musst du selber sorgen, und wenn du dich richtig anstrengst,findest du es auch.

Kurz nachdem 2007 der letzte Potter-Band auf dem Markt war, wurdebekannt, dass die britische Erfolgsautorin das ursprünglich nur fürFreunde geschriebene und von ihr selbst illustrierte Märchenbuchveröffentlichen wollte. Sämtliche Honorarerlöse des in 23 Sprachenerscheinenden Buchs, das in Großbritannien und Deutschland amDonnerstag zeitgleich herauskam, gehen an RowlingsKinderhilfsorganisation «Children's High Level Group».

Vor allem kleine Potter-Fans können nun pünktlich zumWeihnachtsgeschäft glücklich in dem kleinen Bändchen versinken, dennRowling verrät zahlreiche bislang unbekannte Details aus derZauberwelt. Auf ihren Einfallsreichtum und Witz ist Verlass.

«Die Märchen von Beedle dem Barden sind eine Sammlung vonGeschichten, die für junge Hexen und Zauberer geschrieben wurde. Siewerden seit Jahrhunderten gerne zur Schlafenszeit vorgelesen»,schreibt Rowling in der Einleitung, die bereits ganz für Leser ausder Zauberei-Welt formuliert ist. Als «Buch im Buch» spielten dieGeschichten im siebten Potter-Band eine wichtige Rolle. Bei kleinenMagiern sind sie so bekannt, wie bei Nicht-ZauberkindernSchneewittchen und Dornröschen. Rowling allerdings gibt zu: «BeedlesGeschichten ähneln unseren Märchen in vielerlei Hinsicht; so wirdTugend meistens belohnt und Bosheit bestraft.»

Die fünf Geschichten sind voller klassischer Märchenelemente -alleine drei von ihnen fangen in der deutschen Übersetzung mit «Eswar einmal» an. Sie sind gerade heraus erzählt, die moralischeBotschaft kann auch von jungen Lesern so gut wie nicht verfehltwerden. Trotzdem geht der moralische Zeigefinger erwachsenen Fansnicht auf die Nerven. Denn Rowling benutzt einen Trick: Der großeZaubermeister und ehemalige Direktor der Hexen-Schule Hogwarts, AlbusDumbledore, hat zu jedem Märchen einen Kommentar verfasst undplaudert humorvoll aus dem magischen Nähkästchen.

Ab und zu merkt man ihm allerdings auch den Lehrer an. So erklärtDumbledore, was es mit der blutigen und unheimlichsten Geschichte desBandes auf sich hat, «Des Hexers haariges Herz». Ein Hexenmeisterschneidet sich das Herz aus dem Leib, damit er niemals Liebeempfindet und somit auch niemals unglücklich werden kann. Als er esJahre später wieder herausholt, sprießen lange dunkle Haare aus demverschrumpelten Organ. Dumbledore erläutert, ganz Wissenschaftler:Die Haare versinnbildlichen sein Absinken ins Viehische. Und weiter:«Kein Mensch auf der ganzen Welt, ob Mann oder Frau, mit Zauberkraftoder ohne, blieb jemals von jeglicher Art der Verletzung verschont,ob körperlich, geistig oder emotional. Zu verletzten ist somenschlich, wie zu atmen.»

Obwohl das Büchlein vor Märchenelementen nur so strotzt, gibt eseine nicht: die typische Prinzessin. Wie gewohnt sind Rowlingtatkräftige, selbstbewusste Kinder und junge Leute lieber als brave.Beedles Heldinnen verlassen sich deshalb auch nicht auf mutigePrinzen, sie suchen ihr Glück selbst. Rowling: «Sie sind Hexen, dieihr Schicksal lieber selber in die Hand nehmen, als ein ausgedehntesNickerchen zu machen oder darauf zu warten, dass ihnen irgendjemandeinen verlorenen Schuh zurückbringt.» Und wenn echte Zauberkinderlangweilige Märchen lesen müssen, löst das bei ihnen laut Rowling nureine Reaktion aus: «Unkontrolliertes Würgen.»

Joanne K. Rowling: Die Märchen von Beedle dem Barden. Carlsen Verlag, Hamburg 110 S., 12,90 Euro ISBN 978-3-551-59999-5