Literatur Literatur: Astrid Lindgren ist im Alter von 94 Jahren gestorben

Stockholm/dpa. - Astrid Lindgren, die Verfasserin von «PippiLangstrumpf» und vielen anderen Kinderbuch-Klassikern, ist am Montagin ihrer Stockholmer Wohnung im Alter von 94 Jahren gestorben. Wieihre Tochter Karin Nyman mitteilte, war die wohl beliebtesteKinderbuchautorin der Welt seit mehreren Monaten durch eineVirusinfektion «immer schwächer geworden und zuletzt sanfteingeschlafen». Lindgren starb am Montagmorgen um 11.30 Uhr in ihrerWohnung mit der in ganz Schweden bekannten Adresse Dalagatan 46. Dorthatte sie auch 1945 schon gewohnt, als ihre Tochter an Grippeerkrankt war und immer neue Geschichten mit der rothaarigen Pippi hören wollte.
Die danach entstandene Buchfassung, die 1949 auch erstmals indeutscher Übersetzung erschien, wurde zum weltweit am häufigstengelesenen Kinderbuch der letzten 50 Jahre. Insgesamt sind die Bücherder in ihrem letzten Jahrzehnt erblindeten Autorin in mehr als 120 Millionen Exemplaren verkauft worden, davon 25 Millionen inDeutschland. Zu den erfolgreichsten Büchern der Schwedin gehörtenauch die Serien «Wir Kinder aus Bullerbü», die «Michel»-Geschichten,«Karlsson auf dem Dach», «Ronja Räubertochter» und «Mio mein Mio».
In Schweden änderten Fernsehen und Rundfunk sofort nach demBekanntwerden der Todesnachricht ihre Programme und strahltenInterviews mit Astrid Lindgren, Lesungen aus ihren Büchern oderAusschnitte aus Verfilmungen aus. Kulturministerin Marita Ulvskogsagte: «Wir werden Astrid Lindgren ungeheuer vermissen. Sie warpersönlich vollkommen anspruchslos, aber so ungemein entschiedendarin, dass Kinder das Wichtigste auf der Welt sind.»
Bundespräsident Johannes Rau kondolierte der Familie der Autorinund sagte der dpa während eines Heimflugs aus Afrika nach Berlin:«Ihr Tod ist ein Verlust für die Kinder dieser Welt und die, dieeinmal Kinder waren». In Ihrer literarischen Substanz habe Lindgren«unsere Welt reicher und bunter gemacht».
Für die Schwedische Akademie, die alljährlich über der Vergabe desLiteraturnobelpreises entscheidet, meinte deren Sprecher HoraceEngdahl: «Wenn alle Kinder dieser Welt irgendwo eine heimlicheRepublik hätten, wäre Astrid Lindgren ihre Kultfigur.» Engdahl wiesdie in Schweden immer wieder geäußerte Kritik daran zurück, dass dieliterarische «Mutter» von Pippi Langstrumpf nicht mit dem Nobelpreisfür ihr beispielloses Werk ausgezeichnet wurde. Lindgren selbst, die1978 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und 1994 mit demAlternativen Nobelpreis geehrt wurde, hatte in ihrem letztenLebensabschnitt mehrfach öffentlich erklärt, sie wünsche denLiteraturnobelpreis wegen der damit verbundenen öffentlichenAufregung nicht.
Nach Angaben des Hamburger Oetinger Verlags ist auch inDeutschland «Pippi Langstrumpf» nach wie vor das mit Abstandbeliebteste Lindgren-Buch. Nach «Pippi» liege «Wir Kinder ausBullerbü» an zweiter Stelle der Beliebtheitsskala, gefolgt von den«Michel»-Geschichten um den blonden Jungen aus Lönneberga.Bemerkenswert sei, dass sich Lindgren nach dem Zweiten Weltkrieg inDeutschland nur langsam durchsetzte. Das Geheimnis des langen Erfolgsder Bücher liegt nach Ansicht der Verlagssprecherin darin, dass dieAutorin den «Kindern Mut macht, stark zu sein und mit Optimismusdurchs Leben zu gehen». Oetinger werde anlässlich des Todes vonAstrid Lindgren voraussichtlich eine Sonderpublikation mitausgewählten Geschichten herausbringen.