Literatur Literatur: Accio heißt das Zauberwort
Halle/MZ. - Zauberformeln machen das Leben leichter: "Accio" heißt das magische Wort, dem in Harry Potters Welt auch widerborstige Gegenstände bedingungslos folgen müssen. "Accio" nennt nun auch der Marktforscher Stephen Brown das Akronym, mit dessen Entschlüsselung er den weltweiten Triumphzug von Joanne K. Rowling erklärt: Author, Cover, Content, Interest, Obtainibility - Autor, Umschlag, Inhalt, Interesse und Verfügbarkeit - sind die fünf Kriterien, die Anteil an ihrem Erfolg haben.
Die "Accio"-Formel ist ein zentrales Thema in Browns Buch "Die Botschaft des Zauberlehrlings", das sich Joanne K. Rowling getrost zu ihrem 40. Geburtstag am Sonntag schenken lassen könnte. Denn nachdem der Autor im Untertitel versprochen hat, "Die Magie der Marke Harry Potter" zu enthüllen, steht er dem Phänomen am Ende doch ziemlich ratlos gegenüber - und kann den Zauber nicht brechen. Rowlings Strategien, so scheint es, wirken gerade deshalb so raffiniert, weil es sie nicht gibt. Die Magie ihrer Geschichten sind die Geschichten selbst - ein unglaublich ökonomisch eingerichteter und verwalteter Kosmos von Orten und Personen, in dem verborgene Zeichen seit dem Auftakt auf das unweigerlich näher rückende Finale hindeuten. Spannender als das Orakel über die Ursachen ist also die Analyse der Wirkungen. Und da ist Brown in seinem Element.
Mit spöttischen Seitenhieben auf die eigene Zunft garniert er seine Chronik des Potter-Phänomens, das von den legendären Ablehnungen des ersten Bandes über die spärliche Startauflage von 500 Exemplaren bis hin zu den streng bewachten Millionen-Auslieferungen eine perfekte Marken-Geschichte bietet. Zu den Kuriositäten zählt dabei, dass jede Kritik an der Form und den Inhalten das Produkt letztlich stärker werden lässt: Christliche Fundamentalisten steigern mit ihren Bannflüchen Potters Attraktivität ebenso wie intellektuelle Erbsenzähler und Spurensucher.
Womit ein weiteres Thema des Buches angeschnitten wäre, das nicht unbedingt zu seinen stärksten Seiten zählt: Wenn Brown selbst nach den Vorbildern für Joanne K. Rowlings Serie fahndet, schwanken seine Erkenntnisse zwischen argen Platitüden und schlichten Fehleinschätzungen. So sugerriert er eine Parallele zu Luke Skywalker und Darth Vader aus "Star Wars" - und führt die These dann doch nicht aus, weil ihm die so vermutete Verwandtschaft zwischen dem Jungen Harry und seinem großen Gegner Voldemort wohl selbst unheimlich wäre. Was der Todesfluch "Avada Kedavra" mit dem fröhlichen "Hakuna Matata" aus Disneys "König der Löwen" zu tun haben soll, ist ihm wohl ebenfalls schleierhaft.
Und so bleibt am Ende der Aufklärung eine Einsicht: "Harry Potter muss nicht verkauft werden. Er verkauft sich selbst." Accio!
Stephen Browns "Die Botschaft desZauberlehrlings" kann helfen, das Wartenauf "Harry Potter und der Halbblutprinz" zuverkürzen. Wer die bereits verfügbare englischeVersion lesen will, kann sich unter www.buchsticker.deeine Vokabelsammlung bestellen, die auf 18beidseitig bedruckten Lesezeichen rund 8300Übersetzungshilfen bietet. Diese Spickzettelkosten 9,44 Euro inklusive Porto.