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Liselotte Pulver Liselotte Pulver: Das temperamentvolle Lachen wird 80

09.10.2009, 15:42

Genf/dpa. - Da wollte sie auch schon wieder aus derSeniorenresidenz in Bern raus, wo sie kurz zuvor eingezogen war. Nunlebt sie dort immer noch, aber auch - wie derzeit häufig - in Genf,wo ihr Sohn Marc-Tell wohnt. Am 11. Oktober wird die SchweizerSchauspielerin mit dem ansteckenden Lachen 80 Jahre alt.

Zu ihrem 75. hatte sie noch scherzend geklagt, sie habe kaum Zeitfür sich, ihr Leben sei zu turbulent. Immer noch habe sie aber dasGefühl, ihr Temperament zügeln zu müssen. Dieses angeblichWidersprüchliche im Leben der Schauspielerin mit dem «schönstenLachen des deutschen Films» hat die in Bern geborene Tochter einesTiefbauingenieurs und einer Sängerin immer ausgezeichnet.

Ihre letzte große Auszeichnung kam 2007, als sie mit der GoldenenKamera geehrt wurde. Ihr Lebenswerk spiegelt auch 60 Jahre deutscheFilmgeschichte. Dazu gehören «Die Buddenbrooks» und «Die Bekenntnissedes Hochstaplers Felix Krull» ebenso wie ihr furioser Auftritt alsdeutsches Fräulein Ingeborg in Billy Wilders Komödie «Eins, zwei,drei» von 1961, in der sie auf dem Tisch tanzen konnte.

Die gemeinhin als «Lilo» bekannte Pulver ist seit ihrem 20.Lebensjahr Schauspielerin, nachdem sie auf väterlichen Druck dieAusbildung zur Sekretärin hinter sich gebracht hatte. Der Entschlusszum Wechsel entsprang nach eigenem Bekenntnis einer unerwidertenLiebe zu einem verheirateten Arzt: Als 15-Jährige wollte sie auf derLeinwand oder der Bühne die Aufmerksamkeit des Mannes erregen. «Ichglaube, ich bin nur zum Theater gegangen, weil ich mir mal so einenrichtig schönen Mann angeln wollte.»

Paul Hubschmid, O.W. Fischer, Hardy Krüger - alle diese Filmgrößenspielten für Liselotte Pulver nicht nur im Film eine große Rolle.«Jahrelang bin ich einer richtigen Liebe hinterher gejagt.» Die kam1961 mit dem deutschen Schauspieler und Regisseur Helmut Schmid, mitdem sie 31 Jahre lang bis zu dessen Tod im Jahr 1992 verheiratet war.

Die Schauspielerei begann für Liselotte Pulver 1949 im klassischenFach auf der Bühne in Bern. Dort spielte sie die Marie in Goethes«Clavigo». Es folgten Rollen in «Faust II», «Kabale und Liebe» oderin der «Dreigroschenoper» am Schauspielhaus Zürich. CineastischenErfolg brachte nach ersten Versuchen in der Schweiz erst ein Wechselnach Deutschland.

Dort drehte sie 1955 «Ich denke oft an Piroschka» - «dievielseitigste Rolle, die ich je gespielt habe», sagte sie. Der 2001gestorbene Regisseur Kurt Hoffmann gilt als eigentlicher Entdeckerder Pulver. Er habe immer genau gewusst, welche Rollen und welcheKameraleute am besten für sie waren, stellte sie fest. Bedauert habesie vor alle, dass sie es nicht zur Zusammenarbeit mit CharltonHeston schaffte. Als ihr die Hauptrolle in «El Cid» an seiner Seiteangeboten wurde, hatte sie bereits für einen anderen Film - «GustavAdolfs Page» mit Curd Jürgens - unterschrieben, und Sophia Lorenbekam die Rolle. Die Chance, ein Weltstar zu werden, war vertan. «Ichwäre (heute) härter, was meine Karriere anbelangt», meinte sierückblickend. «Es war mein größter Fehler, als ich aus Solidarität zueinem anderen Filmprojekt absagte.»

In Deutschland wird die Schweizerin geliebt wie eh und je, ihreFilme laufen immer noch im Fernsehen. Sie bekam jede Menge Preise,darunter den Bundesfilmpreis, mehrere Male den Bambi, das Filmband inGold und das Bundesverdienstkreuz I. Klasse. Als es ruhiger um siewurde, moderierte Pulver von 1973 bis 1983 die Fernsehserie«Sesamstraße». Eine ihrer letzten größeren Filmrollen übernahm sieMitte der 90er Jahre in einer Hera-Lind-Romanverfilmung.

Schicksalsschläge blieben der Schauspielerin nicht erspart. 1989nahm sich ihre Tochter Melisande das Leben, 1992 starb ihr Mann. DreiBücher hat sie selbst geschrieben - damit sei alles gesagt, meintesie einmal. Der «Bild»-Zeitung vertraute sie an, sie habe einfachkeine Lust mehr zu arbeiten. «Ich mag das ganze Drumherum nichtmehr.» Bedauerlich fand sie noch vor einem Jahr, dass sie nicht mehrso schnell Auto fahren kann. «Das liegt aber nicht an mir und meinemAlter, sondern an dem alten Mercedes», sagte sie damals derDeutschen Presse-Agentur dpa. Da war es wieder, das Temperament, dasgezügelt werden soll aber immer wieder so schön durchgeht.