Limahl fühlt sich bei Kajagoogoo wie ein Teenager
Frankfurt/Main/dpa. - Als Sänger der Band Kajagoogoo («Too Shy») erlebte Limahl Anfang der 80er Jahre eine ebenso steile wie kurze Karriere. Nach nur zwei Jahren löste sich die britische Gruppe im Streit auf. 25 Jahre nach der Trennung hat sich Kajagoogoo jetzt in Originalbesetzung wiedervereinigt.
Im November geht auf Kajagoogoo auf Deutschlandtour (8.11. Bochum, 9.11. Frankfurt/Main, 12.11. Hamburg, 14.11. Berlin). Auch ein neues Album ist geplant. Limahl sprach mit der Deutschen Presse-Agentur über den Weg zur Wiedervereinigung, Fehler der Vergangenheit und Heiratspläne mit seinem langjährigen Lebenspartner.
Wie kam es jetzt, 25 Jahre nach der Auflösung von Kajagoogoo, zur Wiedervereinigung?
Limahl: «Dafür gibt es viele Gründe. Der wichtigste ist: Über all die Jahre war jeder von uns in den unterschiedlichsten Projekten aktiv. Aber keiner von uns hatte jemals wieder den Erfolg, den wir gemeinsam mit Kajagoogoo hatten. Das war schon ziemlich frustrierend. Jetzt haben wir uns darauf besonnen, dass Kajagoogoo das Projekt war, mit dem wir weltweit Nummer Eins-Erfolge feierten.»
Sie haben bei ihrer Erklärung zur Reunion von «früheren falschen Neubeginn-Versuchen» in den Jahren 1998 und 2004 gesprochen. Was haben Sie damals falsch gemacht?
Limahl: «Damals ging es einfach nur ums Geschäft und ums Geld. Heute geht es uns vor allem um den Spaß. Wir fühlen uns wieder wie Teenager. Wir haben unser «Eheversprechen» erneuert und befinden uns jetzt in der Phase der Flitterwochen. Bisher lief alles bestens und ohne jeden Stress. Langsam geht es jetzt allerdings wieder los, dass wir uns um ziemlich vieles kümmern müssen.»
Hinter der jetzigen Wiedervereinigung steht ein neuer Manager. Wie kam der Kontakt zu ihm zustande?
Limahl: «Ja genau, Bradley Snelling hat sich um alles gekümmert. Er rief mich eines Tages völlig aus dem Nichts an uns sagte: "Hallo, mein Name ist Bradley, ich bin euer neuer Manager." Ich habe herzlich gelacht und zu ihm gesagt: "Alles klar, viel Glück, Kumpel." Ich habe mich dann aber mit ihm getroffen und anschließend hat er die anderen Jungs angerufen und alles klar gemacht. Unserer Reunion kamen einige Dinge zugute, die bei anderen Bands von damals nicht unbedingt zutreffen: Wir haben immer noch alle Zähne und Haare, und wir leben immer noch alle in derselben Gegend und sind nicht in der ganzen Welt verstreut.»
Die kurze Bandgeschichte Anfang der 80er Jahre endete im Streit. Wie war es, als Sie sich nun alle wiedertrafen? Haben Sie über die Vergangenheit geredet oder eher gesagt «Wir vergessen, was war, und schauen nach vorne»?
Limahl: «Das erste Treffen war schon ein wenig angespannt. Vor dem Termin war ich gar nicht sicher, ob ich wirklich hingehen wollte und dachte: "Jetzt geht das also alles wieder los". Aber nach einem ersten Beschnuppern, bei dem wir auch über das, was vorgefallen war, gesprochen haben, sind wir alle gemeinsam in ein Pub gegangen, hatten ein paar Drinks, haben viel gelacht und weiter über die alten Zeiten geredet - über die guten alten Zeiten wohlgemerkt.»
Planen Sie nun ein reines Nostalgie-Programm oder gibt es neue Songs von Kajagoogoo?
Limahl: «Beides. Wir werden unsere Songs von damals ziemlich originalgetreu spielen. Wir präsentieren aber auch neues Material. Wir haben in vier Tagen vier komplett neue Songs gemacht. Sie klingen wie Kajagoogoo, aber eben 25 Jahre später. Allein durch meine Stimme klingen sie nach Kajagoogoo. Interessanterweise sind bisher keine Liebeslieder dabei. Es gibt so viele andere interessante Themen: Religion zum Beispiel oder ein Song erzählt von jemandem, der vom plötzlichen großen Geld träumt, ein anderer von all den verrückten Dingen, die wir in den Nachrichten hören, von Prinzessin Dianas Tod oder "9/11". Es sind ein paar ernste Themen dabei, aber die Musik ist sehr fröhlich und aufmunternd. Dann gibt es den Song "Space Cadet" über einen Typen, der bekifft durch die Straßen läuft und dabei total glücklich und gut drauf ist und die guten Schwingungen genießt - ein Song über das Ausbrechen aus der täglichen Routine.»
Ihr großer Hit mit Kajagoogoo war «Too Shy», also «Zu schüchtern». Sind Sie selbst ein schüchterner Typ?
Limahl: «Nein, überhaupt nicht. Ich kann mir eigentlich keine Situation vorstellen, in der ich schüchtern wäre. Auch als Kind war ich sehr lebhaft und aufgeweckt. Ich liebe es, Leute zu treffen und mich zu unterhalten, ich liebe es, zu reisen und beschäftigt zu sein. Es gibt allerdings Momente, wo ich gerne still bin oder die Stille genieße. Dann fahre ich zum Beispiel Fahrrad, setzte Kopfhörer auf und höre Musik. Meine große Liebe ist und bleibt Motown, da habe ich alle Alben. Aber auch neue Sachen wie Scissor Sisters oder Michael Bublé gefallen mir oder Jazz-Compilations und Ella Fitzgerald.»
Wofür haben Sie während ihrer ersten Karriere das meiste Lehrgeld bezahlt?
Limahl: «Ich hätte nicht mein ganzes Geld so rausschleudern sollen, es ist einfach weg. Ich komme aus einer sehr einfachen Familie, da hat mir niemand beigebracht, wie man sein Geld zusammenhält. Ich habe alles, was ich verdiente, für jede Menge dumme Dinge ausgegeben - Erste-Klasse-Flüge, Schmuck, Autos ... Aber ich bin darüber nicht verbittert, denn ich kann es ja nicht mehr ändern. Und ich werde dieses Jahr 50, bin immer noch gesund und aktiv und führe ein gutes Leben. Für mich ist das Glas halb voll und nicht halb leer. Was ich bereue, ist die Tatsache, dass wir Kajagoogoo damals überhaupt aufgelöst haben. Die Möglichkeit, mit der eigenen Musik weltweit aufzutreten, bekommen so wenige Bands. Das darf man nicht einfach so wegschmeißen. Die meisten Künstler kommen und gehen so schnell, und wir haben es selbst verbockt. Damals gab es gerade mal drei Fernsehsender und ein paar Radiosender. Wenn du es da geschafft hattest, dann kannte dich jeder. Das haben wir sehr leichtfertig aufgegeben.»
Bands wie Kajagoogoo lebten auch sehr von einem Image. Welches war die größte Lüge über Sie während ihrer Karriere?
Limahl: «Es war keine Lüge. Aber eine Sache, über die ich nicht sprach, war, dass ich mich zu Männern hingezogen fühle. Als 23-jähriger war das etwas, das mir Angst machte. Ich hatte nicht die mentale Stärke, mit dieser Entdeckung umzugehen. Ich hatte nicht nur Kontakte mit Männern, sondern auch Freundinnen. Ich fühlte mich unentschlossen. Selbst als es mit Kajagoogoo losging, mochte ich Frauen und hatte Sex mit Frauen. Dann habe ich mich in einen Mann verliebt. Darüber hatte mir niemand etwas erzählt. Mir wurde nur gesagt, dass es sehr schlimm ist, einen Mann zu lieben. Als mir klar wurde, dass ich genau solche Gefühl habe, musste ich sehr mit mir kämpfen. Jetzt führe ich seit fünfzehn Jahren eine großartige Beziehung.»
Erzählen Sie uns etwas über ihren Partner?
Limahl: «Als wir uns kennenlernten, arbeitete er als Maler und Dekorateur. Wir haben uns im berühmten Londoner Nachtclub "Heaven" kennengelernt. Er hatte keine Ahnung, wer ich war, ich trug damals auch dunkle Haare. Als er es herausfand, spielte es keine Rolle mehr. Ich musste ihm dann ein bisschen was erklären, als er die Goldenen Schallplatten und solche Dinge bei mir entdeckte. Jetzt, wo das Gesetz bei uns geändert wurde, denken wir auch ans Heiraten. Wir planen das für das Jahr 2009.»
Sie spielen auf Ihrer Deutschlandtournee vor allem in Rockclubs. Werden es also rockige Konzerte?
Limahl: «Ich kenne die Veranstaltungsorte nicht. Ich würde aber sagen, es geht eher in die Richtung Funk, Pop und Soul als Rock. Es kann aber trotzdem laut werden!»
Interview: Max Blosche, dpa
www.kajagoogoo.com (dpa)