Leonard Cohen Leonard Cohen: Die Spuren des Weisen
Halle (Saale)/MZ. - Wenn man nach den weltweit einfluss-, aber nicht unbedingt erfolgreichsten Künstlern im Rock- und Popgeschäft fragt, wird man an dem Namen Leonard Cohen kaum vorbeikommen. Obwohl der Kanadier in Deutschland mit "Lover, Lover, Lover" nur einen einzigen Top-Ten-Hit hatte, gibt es kaum einen Singer-Songwriter, dessen Werk häufiger gecovert und zum Gegenstand von Tribute-Alben gewählt wurde.
Warum das so ist, kann man nun einerseits in der "Complete Studio Albums Collection" nachhören, die vom Erstling "Songs of Leonard Cohen" bis zu "Dear Heather" elf Tonträger aus den Jahren 1968 bis 2004 vereint - und in drei Wochen doch schon wieder veraltet sein wird. Am 27. Januar nämlich erscheint mit "Old Ideas" das erste Studiowerk des 77-jährigen Künstlers seit acht Jahren - ein von den Fans sehnlichst erwartetes Geschenk, das auch die bereits von seiner Welttournee bekannten Songs "The Darkness" und "Lullaby" vereint. Das Konzept hinter den zehn neuen Songs hat Cohen im vergangenen Jahr verraten, als er in Oviedo mit dem Prinz-von-Asturien-Preis ausgezeichnet wurde: "Mit dem Älterwerden begriff ich", sagte er dort, "dass mit dieser Stimme auch Instruktionen einhergehen. Und diese Anweisung lautet: Jammere niemals einfach nur so. Sollte jemand jene große, unausweichliche Niederlage, die uns alle irgendwann erwartet, zum Ausdruck bringen müssen, so sollte dies stets innerhalb der strikten Regeln der Würde und Schönheit geschehen." Dass er das Album mit "Going Home" beginnen und seinem berühmtesten Song "Hallelujah" nun ein "Amen" folgen lässt, ist ein Zeichen für die spirituelle Weisheit dieses Poeten, die man auch bei seinen Konzerten spürt. Von diesen magischen Momenten ist man auch mit jenen Frauen vertraut, die den einstigen Womanizer auf "Old Ideas" als Background-Sängerinnen begleiten und inspirieren: Sharon Robinson, den Webb-Sisters und der einst mit dem Cohen-Cover "Famous Blue Raincoat" erfolgreichen Jennifer Warnes.
Um sich das Warten auf die neue CD angemessen zu verkürzen, empfiehlt sich das fabelhafte Tribute "En boca de", auf dem sich die alternative Elite vor dem Meister verneigt. Nach der Compilation "Tower of Songs", auf dem vor anderthalb Jahrzehnten Bono und Sting, Elton John und Peter Gabriel, Tori Amos und Billy Joel Cohen-Songs sangen, sowie nach "I’m Your Fan" mit R.E.M., John Cale oder den Bad Seeds ist dies bereits das zweite Album, das von dem spanischen Label Discmedi Blau aus Barcelona initiiert wurde. Doch während auf dem Vorgänger "Acordes con Leonard Cohen" einheimische Stars wie Luis Eduardo Aute oder Javier Colis, Perla Batalla und Enrique Morente mit Cohens Sohn Adam und Jackson Browne konkurrierten, sind diesmal fast ausschließlich englischsprachige Musiker mit von der Partie.
Dass der Klassiker "Chelsea Hotel" perfekt zum raunenden Bass des Lambchop-Sängers Kurt Wagner passt, liegt auf der Hand - ebenso wie die Affinität von Suzanne Vega zu "Story of Isaac". Jackson Browne, der ebenso wie Nick Cave, Perla Batalla und Christina Rosenvinge wieder mit von der Partie ist, steuert "A Thousand Kisses Deep" bei - und Lewis Furey und seine Frau Carole Laure singen "Fire" und "Hunter’s Lullaby" aus der Oper "Night Magic", die Furey und Cohen 1986 gemeinsam geschrieben haben. Cohen aber gibt im Booklet einen lakonisch liebevollen Kommentar zu diesen vielfältigen Ehrungen: "You go your Way. I’ll go your Way too." Das könnte man auch im Umkehrschluss gelten lassen: Den Spuren dieses Mannes folgt man immer gern.