Leni Riefenstahl Leni Riefenstahl: Ex-«Zigeuner-Komparsin» erwirkt Widerruf

Köln/dpa. - Vertreter des gemeinnützigen Vereins Rom forderten am Freitag vorJournalisten in Köln zudem eine Geste der Wiedergutmachung vonRiefenstahl. An der Veranstaltung, die nach Drohanrufen von derPolizei gesichert wurde, nahmen die Autoren Ralph Giordano undGünther Wallraff sowie die ehemalige «Zigeuner-Komparsin»Riefenstahls, Zäzilia Reinhardt (76), teil. Riefenstahl wird amkommenden Donnerstag (22. August) 100 Jahre alt. Sie lebt amStarnberger See.
Der Verein Rom veröffentlichte eine Liste mit den Namen von 48 vonRiefenstahl angeforderten «Zigeunern». Ein Abgleich habe ergeben,dass mehr als 20 der 48 Sinti und Roma in Konzentrationslagernendeten. «Für eine ganze Reihe ist vermerkt, dass sie dort umgekommensind», sagte Vorstandsmitglied Kurt Holl.
Mit Unterstützung des Vereins, der sich für die Verständigung vonSinti und Roma und Nicht-Rom einsetzt, hatte die überlebendeZwangsarbeiterin die Regisseurin aufgefordert, ihre kürzlichveröffentlichte Behauptung zu widerrufen. Reinhardt war nach eigenenAngaben mit 15 Jahren in das NS-Lager Max Glahn bei Salzburggekommen. Die Riefenstahl GmbH habe sich damals an dieKriminalpolizei Salzburg gewandt und Häftlinge für «Tiefland»angefordert, sagte sie. Nach den Dreharbeiten mussten die Darstellerlaut Reinhardt wieder ins Lager zurück. Die 76-Jährige nannte dieBehauptung Riefenstahls, niemand sei etwas passiert, «eine infameLüge».
Rom e. V. stellte nach eigenen Angaben außerdem Strafantrag gegenRiefenstahl wegen «Holocaust-Leugnung» bei der StaatsanwaltschaftFrankfurt. Sie habe sich direkt des NS-Lagersystems bedient. «Um dieszu vertuschen, scheute sich Frau Riefenstahl nicht, die Zwangsarbeitund die spätere Ermordung ihrer "Zigeuner-Statisten" bis heute zuverharmlosen, ja zu leugnen», sagte Holl. Dies habe bei denÜberlebenden zu einer «unglaublichen Traumatisierung» geführt. «Alldiese Wunden sind wieder aufgebrochen.»
Mit Nachdruck forderten die Teilnehmer, Riefenstahl solle dieÜberlebenden entschädigen. Zudem sollten im Vorspann von «Tiefland»künftig die Namen aller Sinti und Roma aufgeführt werden, dieRiefenstahl als Kleindarsteller zwangsverpflichtet habe.
Riefenstahl hatte nach Bekanntwerden der neuen Vorwürfe vergangeneWoche in einer Stellungnahme die Verfolgung und das Leid bedauert,«das Sinti und Roma während des Nationalsozialismus haben erleidenmüssen». Ihr sei «heute bewusst, dass viele von ihnen inKonzentrationslagern umgekommen sind».
Der Zeitzeuge Giordano («Die Bertinis») warf Riefenstahl dagegenam Freitag vor, sie halte an einer «Lebenslüge» fest. «Ich verlange,dass sie ehrlich ist und sich vielleicht auch aufrafft zu einer Gesteund so bezeugt, dass sie etwas gelernt hat und dass sie ihreLebenslüge durchbricht», sagte Giordano der dpa in Köln. «Ich denke,der 100. Geburtstag (von Riefenstahl) wäre ein guter Anlass für eineGeste», sagte Giordano.
Wallraff («Ganz unten») nannte Riefenstahl eine «furchtbarePropagandistin und Begünstigte erster Klasse» von Adolf Hitler.Dennoch gelte sie inzwischen fast als eine Kultfigur.