Leipziger Bilderstreit um Axel Krause Leipziger Bilderstreit um Axel Krause: Was der AfD-nahe Künstler sagen darf

Halle (Saale)/Leipzig - Kunst und Politik gehen getrennte Wege - aber sie begegnen sich dabei immer wieder. Die Freiheit der Kunst, sofern diese nicht zu Hass und Gewalt aufruft, ist ein Verfassungsgut. Dass das so bleibt, gehört zu den Aufgaben des Staates. Auch ist die Kunst in vielen Fällen auf dessen Förderung angewiesen. Was keinen Künstler zur Wohlgefälligkeit verpflichtet - wem gegenüber auch immer.
Allerdings darf Kunst durchaus politisch sein, sogar polemisch. Oder der Künstler selbst tritt als politisches Wesen in der Öffentlichkeit auf. Hier muss man den Urheber von seinem Werk trennen. Und das Persönliche vom Ästhetischen. So weit die schöne Theorie. Denn die Unterscheidung fällt manchmal schwer, in Leipzig kann man das derzeit anschaulich verfolgen.
Dort sollte an diesem Donnerstag die Jahresausstellung Bildender Künstler eröffnet werden - darunter zwei Bilder des 1958 in Halle geborenen, erfolgreichen Malers Axel Krause, der in Leipzig lebt und arbeitet. Das Kuratorium des veranstaltenden Vereins hatte Krause vorgeschlagen, der Vorstand lud ihn ein - und der Krach begann.
Kontroverse Debatte um politische Äußerungen des Malers Axel Krause
Nach anhaltender, kontroverser Debatte um dessen politische Äußerungen lud der Vorstand des Vereins Jahresausstellung am 31. Mai Krause wieder aus, einen Tag später trat der Vorstand geschlossen zurück und die Schau wurde bis auf weiteres abgesagt.
Nun, Stand von diesem Mittwoch: Sie findet doch statt. Aber nur auf Einladung. Und ohne Krause. Wer soll das noch verstehen? Und warum überhaupt diese Aufregung? Der Maler Krause, dessen surreal inspirierte Bilder Anerkennung finden, tritt als Mensch Krause offen für die Ziele der AfD ein, hat sich auch als Wähler dieser Partei „geoutet“ und lehnt die Asyl- und Migrationspolitik der Bundesregierung vehement ab.
Nachzulesen zum Beispiel bei Facebook, wo Krause natürlich auch seine assoziationsreichen Bilder zeigt, zum Beispiel „Der Traum des Metzgers“, das für die Ausstellung vorgesehen war. Da steht ein Mann in weißer Schürze und Stiefeln vor einer Berglandschaft samt See, in seiner Reichweite eine nackte Frau. Darin mag man dunkle Fantasien entdecken - politisch ist dieses Bild jedenfalls eher nicht.
Hier ließen sich in einigen der romantisierenden Gemälde des hoch gerühmten Neo Rauch, Galionsfigur der Neuen Leipziger Schule, zu der auch Krause gezählt wird, durchaus deutlichere Anklänge an ein verschwurbeltes deutsches Heimatbild finden. Aber Neo Rauch ist heilig gesprochen, sein Marktwert ist so hoch, dass über den ästhetischen Wert seiner Arbeit offensichtlich keine Diskussion mehr geführt wird.
„Die öffentlichen Äußerungen widersprechen den ethischen Grundsätzen unseres Vereins“
Was der Maler Krause als politisch engagierter Mensch denkt und sagt, steht freilich noch auf einem anderen Blatt. Auf Facebook gibt der abermals Ausgeladene den Agitator: Dass der Vorstand des Vereins Jahresausstellung sich dem Druck von Links gebeugt habe, sende das Signal aus: „Wir wollen kein respektvolles Miteinander, ... wo jeder die politische Meinung des anderen achtet.“ In der Konsequenz brächte das der AfD vielleicht einen halben Prozentpunkt bei der anstehenden Landtagswahl in Sachsen, orakelt der Künstler mit unübersehbarem Stolz.
Das muss man nicht nur nicht mögen, sondern man kann Krauses Einlassungen vor allem aus inhaltlichen Gründen in aller Deutlichkeit ablehnen. Seine Partei, die AfD, auch. Aber dies ist kein Grund, seine Bilder nicht zu zeigen. „Die öffentlichen Äußerungen (Krauses) widersprechen den ethischen Grundsätzen unseres Vereins“, hatte der inzwischen zurückgetretene Vorstand zur Begründung seiner Ausladung geschrieben.
Und hier liegt das Problem, das noch für viel Zündstoff in der Debatte führen wird. Person und Werk, Meinung und künstlerische Fähigkeit werden moralisierend vermengt - eine aus Sicht der Empörten, die nicht mit Krause in einem Boot gesehen werden wollen, zwar begreifliche, gleichwohl aber das Falsche bewirkende Position.
Diskussion wird gelähmt
Mit der Ausgrenzung Krauses werden die Populisten mit großer Wahrscheinlichkeit sogar mehr als einen halben Prozentpunkt gewinnen können - gerade in den höher gebildeten Schichten. Nun kann die AfD auf ein prominentes Opfer verweisen, besser hätte es nicht laufen können für die Partei, die sich so gern in der Opferrolle sieht. Insgesamt ein fataler Vorgang auch deshalb, weil dabei die politische Diskussion in der Gesellschaft zwar polarisiert, aber zugleich gelähmt wird. (mz)