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Leipzig Leipzig: Kunstgewerbeschätze kommen nach 62 Jahren wieder ans Licht

Von Sophia-Caroline Kosel 08.03.2007, 06:49
Den Fortschritt der Restaurierung einer Leinwandtapete aus dem Esszimmer eines Gutshauses in Eytra (bei Leipzig) überprüfen Babette Küster (l.), Kuratorin Textil, und Eberhard Patzig im zukünftigen Ausstellungsraum im Museum für Angewandte Kunst in Leipzig (Foto: dpa)
Den Fortschritt der Restaurierung einer Leinwandtapete aus dem Esszimmer eines Gutshauses in Eytra (bei Leipzig) überprüfen Babette Küster (l.), Kuratorin Textil, und Eberhard Patzig im zukünftigen Ausstellungsraum im Museum für Angewandte Kunst in Leipzig (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Leipzig/dpa. - 99 Prozent der Exponate aus dem Museum fürAngewandte Kunst in Leipzig, dem zweitältesten Kunstgewerbemuseum inEuropa, lagern seit Ende des Zweiten Weltkriegs in Depots. Nun kommensie wieder ans Licht: Nach einer jahrzehntelangen Odyssee kehrt dieKunstgewerbesammlung Ende dieses Jahres ins Grassi-Museum zurück.

Vor 133 Jahren hatten Leipziger Bürger das zweite deutsche Museumins Leben gerufen, das den damals noch recht jungen Begriff«Kunstgewerbe» im Namen führte. 1874 in der Alten Post amThomaskirchhof eingerichtet, zog es 1926 in das damals eröffneteGrassimuseum. Im Zweiten Weltkrieg wurde das «Grassi» durch Bombenschwer beschädigt - und damit begann für das Kunstgewerbemuseum einjahrzehntelanger Interims-Zustand.

Fünf von einst 29 Ausstellungsräumen im «Grassi» waren ab 1952wieder nutzbar. Auf 650 Quadratmetern zeigte das Museum europäischesKunsthandwerk - bis zu einer Wasserhavarie 1981. Weil kein Geld fürdie Schadensbeseitigung da war, blieb die Schau 13 Jahre langgeschlossen. Erst 1994 konnte das Museum wieder öffnen, allerdingswieder nur mit 5 Räumen. Nur für 500 der rund 90 000 Exponate seidort Platz gewesen, sagt Eva Maria Hoyer, Direktorin des Museums fürAngewandte Kunst.

In drei Etappen wird das Museum nun bis 2009 auf 5300Quadratmetern im «Grassi» wieder eingerichtet. Der größte Teil derExponate war mehr als 60 Jahre lang nicht oder sogar noch nie zusehen. «Da wird es so manche Überraschung für unsere Besucher geben»,sagt die Direktorin. «In der Nachkriegszeit sind einige geborgenehochkarätige Sammlungsstücke in unser Haus gekommen. Ausstellenkonnten wir sie seither noch nie.»

In Kisten verstaut lagern seit dem Zweiten Weltkrieg Alltags-Schätze aus mehreren Jahrhunderten im feuchten Dunkel.«Wassereinbrüche aus undichten Abflussrohren und klimatischungünstige Bedingungen durch schlecht isoliertes Mauerwerk gehörtenseitdem zum Alltag», sagt die Direktorin.

Eineinhalb bis zwei Millionen Euro sind nötig, um die Schäden anden Exponaten zu beheben. Eine Million Euro hat das Museum in denvergangenen fünf Jahren bereits bei Stiftungen und Privatleuteneingeworben; etwa mit Postkarten, auf denen die Exponate in eigenerSache «sprechen»: «Nicht mehr bin ich, der ich war» oder «Oh hätt'ich nie gelebt, das zu schauen». Die Restaurierung der Exponate läuftauf Hochtouren.

Mit dem Wiedereinzug der Kunstgewerbesammlung präsentieren sichdann erstmals seit mehr als 60 Jahren das Musikinstrumentenmuseum derUniversität Leipzig, das Museum für Angewandte Kunst und dasVölkerkundemuseum wieder gemeinsam im «Grassi». Der Museumskomplex,in dem zu DDR-Zeiten unter anderem ein Baukombinat sein Domizilhatte, zählt zu den 20 national bedeutenden KultureinrichtungenOstdeutschlands. Es wurde seit 2000 für rund 35 Millionen Eurosaniert.