Kurt-Weill-Fest Kurt-Weill-Fest: Am Freitag geht der Vorhang auf

dessau-rosslau - Aufgeregt sei er nicht, aber in froher Erwartung, sagt Michael Kaufmann, der Intendant des Kurt-Weill-Festes. Rund 60 Veranstaltungen und über 600 mitwirkende Künstler hat die heute beginnende 23. Auflage des Festivals zu bieten. Bei dieser Fülle falle es aber selbst dem Musikmanager schwer, dieses oder jenes Konzert hervorzuheben: „Jedes hat seinen Platz und seine Bedeutung“, sagt Kaufmann.
Der Titel „Vom Lied zum Song“ sei programmatisch und historisch zu verstehen: In diesem Jahr werde der Bogen von Kurt Weill (1900-1950) zurück bis zu dem anderen bedeutenden Dessauer geschlagen: Wilhelm Müller (1794-1827). Während Franz Schuberts Vertonungen von Müllers „Winterreise“ und „Die schöne Müllerin“ zum festen Bestandteil des romantischen Liedgutes zählen, repräsentiert Weill die musikalische Moderne, in der die Grenzen zwischen E- und U-Musik zu zerfließen begannen.
Cornelia Froboess gibt am Sonntag Auskunft über sich. Ab 14.30 Uhr ist sie im Gespräch mit Bettina Volksdorf (MDR) und Stefan Lang (Deutschlandradio). Ort ist das Festivalcafé im Radisson Blu Fürst Leopold Hotel. Ute Lemper präsentiert ihr Liederprogramm „Letzter Tango in Berlin“ am 7. März um 19.30 Uhr im Theater Magdeburg und am 8. März um 19 Uhr im Anhaltischen Theater Dessau. Mit Dieter Meier ist ein Musiker zu Gast, der in den 80er Jahren als eine Hälfte des Pop-Duos „Yello“ bekannt wurde. Am 7. März um 22 Uhr gibt der Schweizer unter dem Titel „Gentle Chaos“ ein Konzert. Das findet im DVV-Saal der Stadtwerke Dessau und nicht, wie zunächst angekündigt, im Bauhaus statt. Mehr Informationen unter: www.kurt-weill-fest.de
Kartenvorbestellung unter: 0341 / 14 990 900
Und während in den nächsten Tagen in Dessau diverse Kompositionen Weills erklingen werden, so ist in der Orangerie von Schloss Georgium noch bis zum 22. März die Ausstellung „Vom Lied zum Bild – Wilhelm Müllers ,Winterreise‘ und ,Die schöne Müllerin‘ in Kunst und Graphik“ zu sehen.
Ein amerikanischer Schwejk
Das Eröffnungskonzert dürfte selbst für Weill-Fans eine Rarität zu bieten haben: Das MDR-Sinfonieorchester unter Leitung seines charismatischen Chefdirigenten Kristjan Järvi präsentiert heute Abend konzertant die europäische Erstaufführung von Kurt Weills Musical „Braver Soldat Johnny“, einer US-amerikanischen Version des Soldaten Schwejk.
Die satirisch zugespitzte Geschichte des Pazifisten Johnny Johnson – der in den Krieg geschickt und darüber wahnsinnig wird – hatte 1936 am Broadway in New York Premiere und erlebte dort 68 Aufführungen. Mit einem zeitlichen Vorlauf von nur fünf Monaten habe der Leipziger Klangkörper das Stück einstudiert. „Das ist logistisch und musikalisch eine Meisterleistung des MDR-Sinfonieorchesters“, sagt Kaufmann. DasFest ist eine Veranstaltung für die Region. Das spiegele sich auch in der Statistik wider: „45 Prozent der Besucher kommen aus Dessau und Umgebung und weitere 45 Prozent aus dem Raum zwischen Berlin und Leipzig. Die restlichen zehn Prozent sind Gäste aus anderen Teilen der Bundesrepublik und dem Ausland“, sagt Kaufmann.
Der Bedeutung der Region angemessen, kommen in diesem Jahr Halle und Magdeburg als Korres-pondenz-Orte hinzu. In Halle werden am Sonntag, dem 8. März, um 11 Uhr „Aribert Reimanns Lieblingslieder“ im Kunstmuseum Moritzburg erklingen, dargeboten von der Sopranistin Katharina Ruckgaber und dem Gürzenich-Quartett. „In Magdeburg wiederum haben wir mit dem Theater und dem MDR-Landesfunkhaus gleich zwei wichtige Kooperationspartner gefunden“, sagt Kaufmann.
Cornelia Froboess als „Artist-in-Residence“
Cornelia Froboess etwa, die als „Artist-in-Residence“ gewonnen werden konnte, wird nicht nur in Dessau, Wörlitz und Wittenberg mit dem Jazzmusiker Sigi Schwab auftreten, sondern am Freitag, dem 6. März, um 19.30 Uhr auch im Magdeburger MDR-Funkhaus mit dem Julia Hülsmann Quintett zu erleben sein. Apropos Cornelia Froboess. Dass die 71-Jährige – die 1951 mit dem Schlager „Pack die Badehose ein“ zum Kinderstar wurde und später als Film- und Theaterschauspielerin erfolgreich war – die Einladung nach Dessau-Roßlau annahm, sei ein Glücksfall, so Kaufmann. „Sie ist ein wunderbarer Türöffner für alle Publikumsschichten, denn sie bringt etwas wunderbar Leichtes mit.“
Von der Kulturpolitik in der Bauhaus-Stadt bleibt natürlich auch der Intendant im Guten wie im Schlechten nicht unberührt. Befragt nach den Kämpfen um das Anhaltische Theater und seinen scheidenden Generalintendanten André Bücker, sagt Kaufmann, dass Bücker im Streit um den Erhalt des Vier-Sparten-Hauses zwar viel Richtiges versucht, allerdings oft zu den falschen Mitteln gegriffen und wohl auch den falschen Ton angeschlagen habe.
Gleiches gelte für den früheren Direktor der Stiftung Bauhaus Dessau, Philipp Oswalt. „Ich verstehe nicht, warum Bücker und Oswalt als Rausgeschmissene verstanden werden. Sie hätten beide Zukunft gestalten können, wenn sie ihre neuen Rahmenbedingungen akzeptiert hätten“, so Kaufmann.
Noch schwerer wiegt für ihn der Abschied von Kapellmeister Antony Hermus. Der Generalmusikdirektor des Anhaltischen Theaters und Chefdirigent der Anhaltischen Philharmonie hatte angekündigt, Dessau im Sommer zu verlassen. „Der Weggang von Hermus ist zutiefst zu bedauern“, sagt Kaufmann und hofft, dass man einen adäquaten Nachfolger finden möge.
Blicke in die Zukunft
Kontakt zum neuen Intendanten des Theaters, Johannes Weigand, hat Kaufmann schon mal geknüpft. Zur Aussicht gemeinsamer Projekte sagt er: „Wir versuchen, ab 2016 zu einem kooperativen Verhältnis zu finden.“ Was umso leichter fallen dürfte, da Weigand im Januar in einem Gespräch mit der MZ zu erkennen gegeben hatte, ein Freund von Weills kompositorischen Schaffen zu sein.
Doch das ist Zukunftsmusik. Alle Musikliebhaber dürften sich jetzt erst einmal freuen, dass heute das Kurt-Weill-Fest 2015 beginnt. Und zwar pünktlich um 19.30 Uhr, wenn Kristjan Järvi im Anhaltischen Theater den Taktstock für „Braver Soldat Johnny“ erhebt. (mz)