Kurt Marti wird 85 Kurt Marti wird 85: Streitbarer Pfarrer und Schriftsteller
Bern/dpa. - Einmischen ist etwas, was dem Berner Schriftsteller Kurt Marti so selbstverständlich wie die Luft zum Atmen ist. Das«Liebe Deinen Nächsten» hat der Schweizer Lyriker und Theologe soverinnerlicht, dass er nicht schweigen kann und will. Kurt Martibegeht am 31. Januar seinen 85. Geburtstag.
Marti, in Bern geboren, hat sich besonders mit seinen Landsleutenangelegt. Der Tucholsky-Preisträger (1997) hielt ihnen vor, dass esmit der «neutralen Unschuld» vor allem in der Nazi-Zeit nicht so weither gewesen sei. «Der Schriftsteller hat den Vorteil derNarrenfreiheit. Er ist der einzige, der sich unabhängig öffentlichäußern kann», sagte er einmal. Marti lehnte es deswegen auch ab,Poesie als Mittel der Schönschreiberei zu benutzen. Der Pfarrer,Dichter und Essayist, ein Schüler des Theologen und Nazi-Gegners KarlBarth, spricht lieber Klartext und wurde dafür mehrfachausgezeichnet.
Der seit 1958 (Gedichtband «Boulevard Bikini») schriftstellerischund bis 1983 als Pfarrer in Bern tätige Marti gilt als unangepassterChronist der Verhältnisse. Das brachte ihm reichlich Ärger und unteranderem «nur» einen Dr. h.c. der theologischen Fakultät derUniversität Bern ein. Denn Professor sollte er dort nicht werdenkönnen.
Zu seinen Werken gehören die Gedichtbände «Der Traum, geboren zusein», «Högerland», «zoé zebra». Der Verlag Nagel & Kimche hat denAutor bereits 1996 mit einer fünfbändigen Werkausgabe geehrt. Immerwieder hat Marti in seinen Texten Formen der Lyrik mit politischenInhalten verbunden, Gedichte im Schweizerdeutsch-Dialekt undreligiöse Lyrik geschrieben.
Große Popularität erlangte er durch seine kritischen«Leichenreden», in denen er seit 1969 vor allem gegen diePhrasendrescher und Lebenslügner vorging. Marti schrieb auchregelmäßig in der Zeitschrift «Reformation». «Umdenken kannschließlich nur, wer zuvor schon gedacht hat», ist eine seinerThesen. Er forderte eine Öko-Diktatur und strikte Neuorientierung -schon lange, bevor vielen klar wurde, wie kritisch es um unsere Weltsteht.