Künstler Marc Fromm in Halle Künstler Marc Fromm in Halle: Winkekatzen-Installationen und Holzschnitz-Arbeiten

Halle (Saale) - Es ist nicht in Stein gemeißelt, sondern vor allem in Lindenholz geschnitzt: das Werk von Marc Fromm, das derzeit in einer kleinen Auswahl in der Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt in Halle zu sehen ist.
Einem breiten Publikum bekannt geworden ist der 1971 in Hessen geborene und seit vielen Jahren in Halle heimische Künstler jedoch durch seine Winkekatzen-Installationen, von denen eine im Garten der Kunststiftung am Neuwerk steht und die Passanten erfreut, aber vor Kurzem von Vandalen beschädigt wurde.
Marc Fromms Werke sind gern auch sarkastisch
Das im Freien aufgestellte „Winkekatzen-Laufband“, so der Titel, zeugt von der Endlosigkeit allen Bemühens und Strebens. Friedrich Nietzsches bekanntes Diktum großzügig ausgelegt, kann man Fromms witzige Installation auch als Wiederkehr des ewig Gleichen deuten.
„Lampedusa – Good Luck“ wiederum wird im Innern gezeigt und ist ein durchaus sarkastisch gemeinter Kommentar zur Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer. Hier sind es zwei randvoll mit Winkekatzen gefüllte Holzboote, die auf einem blauen Förderband symbolisch übers große Wasser fahren.
Einige der chinesischen Glücksbringer sind bereits über Bord gegangen und dem Ertrinken nahe, wo nicht tot. „Lampedusa – Viel Glück“ war Fromms Beitrag für die Biennale in Venedig 2015, dem Jahr, in dem ihm auch der Landeskunstpreis zugesprochen wurde.
Holz ist Marc Fromms Werkstoff
Wie überraschend ist es da vom Künstler zu hören, dass „die Winkekatzen-Objekte nicht der wirkliche Fromm“ seien. Er gebe den Reliefschnitzarbeiten eindeutig den Vorzug, so Fromm. Denn das Holz sei sein Werkstoff.
Er hat das Schreinerhandwerk von der Pike auf gelernt, Illustrationsdesign studiert, sich zum Holzbildhauer ausbilden und von 1999 bis 2006 bei Bernd Göbel an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein ein Bildhauerei-Studium folgen lassen.
„Ich beherrsche das Material, es bietet mir viele Möglichkeiten“, sagt Marc Fromm über das Holz. Seine Reliefschnitzereien, die malerisch verfeinert werden, wirken meist fotorealistisch, wiewohl der Künstler seine Werke gern als surreal bezeichnet. Dazu zählt auch die in diesem Jahr entstandene Reliefarbeit „Metzgerin“, die für alle Nicht-Hessen eine Fleischerin oder Fleischfachverkäuferin ist.
Arbeit an der „Metzgerin“ zwischen Hunger und Ekel
Hier steht eine Frau vor einer prall gefüllten Wursttheke, einen Knackwurstring in der einen, eine Gabel in der anderen Hand. Für Fromm ist diese Szene nicht nur das reale Abbild einer patenten Frau, bei der er oft einkauft. Für ihn, der während der Arbeit an dem Relief mit seinem reichen Wurstangebot wechselnd von Hunger und Ekel geplagt wurde, stellt sich hier eine zentrale Frage menschlicher Existenz: die nach Leben und Tod.
„Würden wir selbst Tiere töten, wenn uns nicht Bärchenwurst aus der Kühltheke anlächeln würde?“ Eine einfache Antwort hat auch Fromm nicht. Ähnlich wie „Metzgerin“ ist das anspielungsreiche Relief „Schweißer“ einem Menschen gewidmet, mit dem der Künstler regelmäßig Umgang pflegt. Es ist jener Handwerker, der Anteil hat an der Entstehung des „Glitzer-schweins“, einem Werk, das gerade als Kunst am Bau für das Finanzamt Halle Gestalt annimmt, aber nicht aus Holz, sondern aus Metallteilen und kubistisch gearbeitet ist.
Ein Modell des Rüsseltieres ist in der Kunststiftung zu sehen. Fromms „Der hallische Salzsee und das Glitzerschwein“ bezieht sich auf eine Legende, nach welcher ein Schweinehirte in unmittelbarer Nähe zum heutigen Standort des Finanzamtes die erste Solequelle in Halle entdeckt haben soll.
Marc Fromm stellt prekäre Szenen dar, die man so auch in Halle erleben kann
Eine ältere Arbeit ist die Installation „Krippe“ von 2009. Hier schwebt ein Asia-Imbisswagen mitsamt einem Paar buchstäblich im Raum der Kunststiftung. Das Werk gehört zur namhaften Kunstsammlung Würth des Unternehmers Reinhold Würth und wurde von dieser eigens für die Schau ausgeliehen.
Der Titel spielt auf die Heilige Familie an, die einst in Bethlehem in einem Stall unterkam, wo Jesus geboren wurde. In der profanisierten Lesart Fromms ist es die Imbissbude mit einem Josef, der Pommes Frites isst, und einer Maria, die den Kinderwagen in der einen und die Leine des Kampfhundes in der anderen Hand hält. Eine prekäre Szene, die man so auch in Halle erleben kann.
Auf die Frage, ob er seine hessische Heimat vermisse, sagt der Künstler nach kurzem Überlegen: „Ich bin da gern groß geworden“, aber sein Lebensmittelpunkt sei seit Langem Halle. Um seine Kunst bekannter zu machen, habe er inzwischen zwar ein Standbein in Berlin, aber in der Hauptstadt leben, das könne und wolle er nicht: „Berlin hat eine zu hohe Geschwindigkeit für meine Kunst“, so Fromm.
Im Kunstbetrieb möchte er sich behaupten, so hart umkämpft der auch ist. „Ich weiß, meine Arbeiten haben eine Kraft, die es erlaubt, davon zu leben“, erklärt Fromm. Geschnitzte Reliefs gebe es auf dem Kunstmarkt nicht. Das sei sein Alleinstellungsmerkmal. Aber wenn alle Stricke reißen, dann habe er noch seinen Tischlerberuf: „Ich kann auch Hochbetten und Carports bauen, wenn es nötig ist.“
„Fromm“ bis 17. April, Kunststiftung Sachsen-Anhalt, Halle, Neuwerk 11, Mi-So 14-18 Uhr
(mz)