Kunst Kunst: Selbst Christo kam zu ihm

Stuttgart/dpa. - Erstvor wenigen Tagen reiste der renommierte amerikanische Künstler JamesRizzi eigens nach Stuttgart, um mit Haas den Druck seiner neuesten 3-D-Bilder mitzugestalten. Die Siebdruck-Kunstblätter von Haas zählenheute «mit zum Besten, was jemals in der Siebdrucktechnik erreichtwurde», sind sich führende Künstler und selbst Konkurrenten von Haaseinig.
In seine Werkstatt in Leinfelden-Echterdingen und früher inKorntal kommen seit 50 Jahren führende Künstler aus aller Welt, ummit ihm zu drucken. «Mit seiner Arbeit, die Maßstäbe für dasErreichbare setzt, hat er Künstlern die Türen zu Galerien und Museengeöffnet», meint etwa der Stuttgarter Akademie-Professor KurtWeidemann. Bisher sind es mehr als 150 Künstler, die bei Haas druckenließen - rund 20 000 Blätter in einer Auflage von etwa einer halbenMillion Exemplaren.
Wer sich bei Haas die Türklinke in die Hand gab, um Pop Art,Reales, Surreales, Conzept Kunst, Kunstplakate oder Grafikbücherdrucken zu lassen, liest sich wie das «Who is Who» derinternationalen Kunstwelt. Genannt seien unter anderem Ackermann,Antes, Christo, Botero, Baumeister, Ernst, Dali, Fontana, Grieshaber,Hausner, Henninger, Paolozzi, Lichtenstein, Hajek, Oldenburg, Mack,Penck, Turnbull, Tamschick, Vasarely oder Yrisarry.
Anderen wäre der Ruhm angesichts solch prominenter Kundschaftsicherlich zu Kopf gestiegen. Nicht Haas. Er ist alles andere alseitel, eher schwäbisch bescheiden trotz der Lobeshymnen. DieEuropäische Fachzeitschrift für Siebdruck etwa schrieb über ihn:«Kein anderer auf dieser Welt hat mit seinem Können internationalMaßstäbe auf dem Gebiet der Druckgrafik gesetzt und beherrscht dieStufendrucktechnik so perfekt wie er.»
Bis zu zwei Dutzend Farben druckt Haas übereinander, dabeientstehen zum Teil Reliefs. In der kurzen, steilenNachkriegsentwicklung des Siebdrucks vom reinen Schablonieren hin zurDruckgrafik hat Haas neue Maßstäbe gesetzt und neue Technikenentwickelt. So entstehen Farbpigmente in höchster Konzentration,Wiedergaben von Pastellkreidestrichen, die man sich kaum zu berührentraut, weil man glaubt, der Farbstaub bleibe an der Fingerkuppehängen, schwärmt Weidemann.
Als Schüler der Waldorfschule in Stuttgart fiel der 1935 inStuttgart-Hedelfingen geborene Haas den Lehrern durch seinezeichnerische Begabung auf. Nach der Ausbildung bei Poldi Dombergerin Stuttgart folgte eine Zeit der Wanderschaft. In Skandinavienarbeitete er für den späteren Rosenthal-Designer Björn Wiinblad. SeinHang zur Unabhängigkeit und seine Liebe zur Kunst ließen Haas aberschon bald nach Stuttgart zurückkehren, wo er Mitte der 50er Jahreein Atelier einrichtete. Sehr schnell kam es zu einer Zusammenarbeitmit Max Ackermann, für den er mehr als 100 Arbeiten druckte.
Auswärtige Kunsthändler wie die Kölner Galerie «Der Spiegel»,Verleger wie Petersburg Press in London oder Abrams in New Yorkwurden auf Haas aufmerksam und gaben ihm Aufträge. Aus Amerika kamenDruckfachleute, die seine «Fabrik» besichtigten. Schon Mitte der 60erJahre waren Haas' Arbeiten in Galerien, Museen und Sammlungen inaller Welt zu sehen, einige auch auf der documenta in Kassel. «Haassetzt Maßstäbe, an denen sich die Fachwelt orientiert», hieß es ineinem documenta-Katalog. Noch heute ist Haas' Werkstatt Pilgerstättefür Drucker aus vielen Ländern.
Haas gilt dabei als sehr einfühlsamer Drucker. Er rührt nicht anIdee und Geist des Künstlers. Eine Widmung von R. Lindner auf einemseiner Blätter lässt erkennen, wie gern die Großen der Kunst mit dem«Meister aller Meister im Siebdruck» zusammengearbeitet haben.