Kulturhistorisches Museum Magdeburg Kulturhistorisches Museum Magdeburg: Otto lässt die Fahnen flattern
Magdeburg/MZ. - Vor wenigen Tagen wurde das architektonische Herzstück des 1906 eingeweihten Kulturhistorischen Museums wieder öffentlich zugänglich gemacht. Der "Magdeburger Saal", eine Ausstellungshalle aus der Ära des Historismus, die 16Meter vom Erdgeschoss bis zur Glaskuppel misst und über zwei Galerien und Apsiden umlaufen werden kann. Bis zu seiner teilweisen Zerstörung 1945 diente der Saal der Präsentation Magdeburger Geschichte: neben Urkunden und Kunstrat war u. a. die Kopie der trauernden Magdeburg vom Wormser Luther-Denkmal zu sehen und eine martialische Roland-Skulptur von Rudolf Bosselt.
Die DDR hatte an der Auferstehung des Ensembles kein Interesse: 1974 wurde durch die Halle eine Zwischendecke gezogen, die Glaskuppel verkleidet, der Kapellen-Chor an der Stirnseite als Filmvorführraum zweckentfremdet. Die so gewonnenen Räume zeigten unten Technik-Historie und oben die "Geschichte der Arbeiterklasse".
Nun reitet wieder Kaiser Otto voran - auf einem dreiteiligen Wandgemälde von 1906, aufwändig freigelegt, saniert und rekonstruiert. Neben dem im Chor aufgestellten originalen Magdeburger Reiter von 1240 ist das Wandbild mit den Maßen 18 mal sechs Meter die stärkste Attraktion des Saales. Das Gemälde zeigt Otto den Ersten in drei Lebensphasen. Von links und mit Untertiteln: "Otto und Editha betreten die Festung von Magdeburg" (Otto ein Recke mit langem roten Haar, Editha ein tappsiges Mannsweib), "Otto zieht als Sieger über die Slawen und Wenden in Magdeburg ein" (Otto trägt das Haar kurz, ein paar Slawen sehen gar nicht gut aus - dickbäuchig und zottelhaarig) und "Otto und Adelheid nehmen Abschied vom Grabe Edi-thas" (der Kaiser kniet, nun fast ergraut). Der Autor des Bildes heißt Arthur Kampf, im "Magdeburger Museumsheft" ausgewiesen als ein "in seiner Zeit berühmter Historienmaler" - mehr ist vor Ort über diesen Mann nicht zu erfahren.
Das ist schade, denn Arthur Kampf - 1864 in Aachen geboren, 1950 in Castrop-Rauxel gestorben - absolvierte eine so erfolgreiche wie opportunistische Karriere als Historienmaler, quer durch die politischen Systeme. Ausflügen in die Manier von Naturalismus ("Die letzte Aussage", 1886) und Liebermannschem Impressionismus ("1. August 1914 in Berlin") folgten konventionelle Gesichtsgroßbilder im Stil Anton von Werners, dem er 1915 auf den Posten als Chef der Charlottenburger Hochschule für Bildende Künste folgte.
Bei Machtantritt der Nazis bereits 69Jahre alt, startete Arthur Kampf noch einmal zu einer mit Propaganda-tauglichen Bildern abgesicherten Schlusslaufbahn. 1937 wurde er zum Präsidenten der Sektion Bildende Kunst der "gesäuberten" Preußischen Akademie der Künste berufen, 1938 erhielt er im Auftrag Hitlers die höchste NS-Kulturauszeichnung, den "Adlerschild des Deutschen Reiches", zudem wurde Kampf auf die "Liste der Unsterblichen" gesetzt: eine kleine Künstler-Riege, die während des Krieges keine Behinderung ihrer Arbeit zu befürchten hatten - neben Kampf u. a. die Bildhauer Breker und Thorak. Zwei Arbeiten Kampfs - blasser, muskelspielender Gesinnungskitsch - waren zuletzt 1999 als Teile der "Sammlung Hitler" in Weimar zu sehen. Der NS-Erfolgsmaler Kampf wurde wieder weggeschlossen, der Historien-Wandbildner ist in Magdeburg auferstanden - ein spannendes Kapitel Ottonen-Wirkungsgeschichte, wenn man es denn anfasst.
Magdeburg verspricht sich viel von der bereits jetzt als "einzigartig" apostrophierten Otto-Schau. Man will weg vom kulturellen Randlagen-Image, hofft, dass etwas Otto-Glamour auf den Ort zurückstrahlt. Zur Neueröffnung wurde der alte "Magdeburger Saal" kurzerhand umbenannt - in "Kaiser-Otto-Saal".