Kulturarena Jena Kulturarena Jena: Süd-Sehnsucht im Thüringer Sommer
Jena/MZ. - Gerade konnte manin einem großen deutschen Nachrichtenmagazinlesen, dass es in der Thüringer Provinzstadtzwischen Romantik und Paradies, Biotechnologieund Optik den Jammer-Ossi nicht gibt. Zweckoptimismusvielleicht, aber in der auch bei Maria Serranomit 2000 Besuchern gefüllten Arena findetman ihn wirklich nicht.
Zwischen den schon mal ungelenken Sloganseinheimischer Sponsoren ("Autos mit Stil:Autohaus Stieler" oder - völlig konträr zumFestival - "world wide weg") und einem anfreundlicher Effizienz unschlagbaren Cateringbereichzeigt sich der Jenaer die Welt auf seinertapfer verteidigten Bühne. FestivalchefinMargret Franz wirkt rundum zufrieden, wennsie von ihrem Areal und seiner Nutzung spricht:"Die Jubiläums-Arena ist schon kurz vor demFinale ihrem 10. Geburtstag wahrlich gerechtgeworden."
Ob Maria Serrano mit ihrer Compania am Wochenendedem Vorschusslorbeer gerecht geworden ist,sei dahingestellt. André Heller hatte dieAndalusierin einst als vulkanisches Ereignisbezeichnet, sie in seine 1993er Produktion"Magneten" integriert und ihren Siegeszugüber europäische Bühnen eingeleitet. Baldgalt sie als Voodoo-Königin und weltbesteFlamenco-Tänzerin. Bald aber auch glitt diewie Carmen aus Sevilla stammende 30-Jährigeins Klischee und stampfte allzu glatt ausdem Boden, was der mittlere Europäer in südlichereGefilde projiziert.
Natürlich gab es eine Carmen-Revue und anschließendnoch natürlicher eine Trittbrettfahrt genKuba. Jetzt ist die vitale Dämonin wiedernäher bei sich, indem sie mit vier Tänzern,drei Musikern und zwei Sängern zurück zu denFlamenco-Wurzeln geht. Nach kurzer Piano-Einführungund ersten Gitarrensalven gab es in Jena Feuer,Erotik, männermordende Dreistigkeit, Eleganzund die Stärke einer entwaffnenden Bühnenpräsenz.Es gab vierfachen Machismo und Kerle, diewie die Hähne gegeneinander antanzten, esgab Liter von Haargel und später noch mehrSchweiß. Es gab furiose Körperlichkeit, kleineGesten, große Gefühle, treibende Musik undeine Tänzerin, die selbst im Innehalten dasGravitationszentrum blieb.
Selbstverständlich gab es Beifallsstürme.Nur eine Dramaturgie gab es nicht in diesemNummernprogramm, das in seinen schwächstenMomenten nicht mehr bei sich war und fatalan River Dance erinnerte. Und schwache Momentegab es einige, vor allem dort, wo Routinenicht viel mehr als Wiederholung produzierte.So eine Mär von den Pärchen mit den zertanztenSchuhen funktioniert natürlich trotzdem. Schonweil die Sehnsucht nach dem Süden in Jenaadäquates Wetter fand.