Kulturarena Jena Kulturarena Jena: Nigel macht sein Vivaldi-Ding
Jena/MZ. - Dass es hinterher nicht hieß "Konzert ist ausgefallen" war der wie alle Jahre sensationell rührigen Arena-Crew zu danken. Nigel Kennedy hat es mit den Jahreszeiten, so könnte man die gigantischen Wolkenbrüche gerade vor seinem Konzert erklären. Und die Regenfreiheit in den dann folgenden guten drei Stunden auch. 1 700 Leute hatten zunächst geduldig vorm Tor den wegen Unwetter verschobenen Soundcheck durchzustehen. Sie taten das gern und mit erwartungsfrohen Gesichtern. Was wird er sagen? Tragen? Machen?
Er machte das, was er am besten kann: sein Vivaldi-Ding. Der Vielschreiber, Priester und Geiger aus dem sündhaften Venedig des 18. Jahrhunderts ist so recht nach Kennedys Sinn. Seine Konzerte sind überschaubar, dynamisch, einprägsam. Die Länge der Sätze entspricht der von Hitsingles.
Mit dem frischen und facettenreichen Polish Chamber Orchestra, dessen künstlerischen Leiter Kennedy seit anderthalb Jahren gibt, war das ein Schwelgen, Spaßen und Sich-Anfeuern. "Ready to Rambo" nennt das Nigel Kennedy und schlägt nach einem hingeseufzten Adagio nach einer imaginären Mücke an seinem Hals. Oder küsst der Cellistin die Hand. Oder nennt den Oboisten "Bolek" und den Rest des Orchesters nach Hollywood-Schauspielern. Er sagt "Fucking", "Motherfucker" und "Bullshit". Er zeigt die Faust und die beiden Victory-Finger, holt die Mundharmonika aus der Tasche und drischt einen Fußball ins Volk.
Man muss das nicht mögen, ihn schon. Denn die Auftritte des selbsternannten Punk-Geigers haben etwas Entwaffnendes. Ein Hauch Paganini, ein bisschen Bach, Purple Haze und je länger, je lieber den roten venezianischen Priester als koboldhafte Endlosschleife hin zu den vier Jahreszeiten, die der Erzmusikant siebenstellig verkauft hat. Wir lieben ihn doch alle - und nach so einem Konzert geben wir das auch zu.
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