Kronprinzessin Cecilie Kronprinzessin Cecilie: Kaiserin in Warteschleife
Potsdam/MZ. - Das Deutschland, das Cecilie 1945 verließ, ist mit ihr verschwunden; der Schwanenübertopf ist noch da, der Fluchtpelz auch. Der Mantel, eine Tonne aus Fell, wirkt so wuchtig, dass man sich nicht auch noch einen Menschen hineinzudenken wagt. Mit hunderten, vor allem fotografischen Erinnerungsstücken ist der Pelz im Nordflügel des Potsdamer Marmorpalais' zu sehen - am Ufer des Heiligen Sees gelegen, wenige Schritte nur von Schloss Cecilienhof entfernt, 1917 der letzte Schlossbau der Hohenzollern.
"Cecilie, Deutschlands letzte Kronprinzessin zwischen Monarchie und Republik" heißt die sehenswerte, wenn auch vor allem materialreiche Schau, die sich der - neben Zarah Leander und Lilian Harvey - wohl populärsten Frau im Reich vor 1945 widmet. Wie Zarah und Lilian war die 1886 geborene Cecilie keine Bilderbuch-Deutsche: Ihr Vater war zwar Großherzog von Mecklenburg-Schwerin, ihre Mutter aber russische Großherzogin, auch deshalb die Liebe zum Zobel und zur großen Geste in allen Staats- und Herzensdingen.
Es begann ja auch ganz prächtig. 1905 heiratete Cecilie den kaiserlichen Kronprinzen Wilhelm (1882-1952), Cecilies Schwester wählte den dänischen Königssohn. Wilhelm II., der auch in seiner Familie ein strenges Regime führte, nannte seine Schwiegertochter 1932 abfällig "die Russin und Dänin", eine, die "nichts für Deutschland oder Preußen fühle". Wilhelm, von 1918 an Frühstücks-Kaiser im holländischen Exil, fürchtete Cecilie als Konkurrentin im Falle eines Comebacks; dazu hatte er allen Grund.
Die Frau, die ohne die Revolution von 1918 Deutschlands Kaiserin geworden wäre, war die falsche Person am falschen Ort; das macht die Ausstellung sinnfällig. Zu intelligent, zu ehrgeizig, zu anspruchsvoll, um nur als breithüftige Matrone zu dienen, die die anfangs bildschöne Prinzessin sehr bald werden sollte. Die Hohenzollern-Monarchie war gesellschaftlich und geistig längst in ihre dekadente Phase getreten, als Cecilie in deren Mitte landete. Ihr Mann, Kronprinz Wilhelm, war eine kabarettfähige Salon-Figur, menschlich und intellektuell ohne Format; ein Kette rauchender Filou, der die Gegenwart genoss und vor jeder schönen Frau wie Fallobst zu Boden ging. Das Paar bekam sechs Kinder, die sich Cecilie eigentlich selber schenkte, denn immer stand sie allein.
Von 1914 an verschwand ihr Gatte im Krieg, dann im holländischen Exil, bis ihm 1923 die Rückkehr nach Deutschland gestattet wurde, um als Privatier in Potsdam und Oels (Schlesien) zu leben. Cecilies Wunsch, dass er sich 1932 als Präsidentschaftskandidat der "Nationalen Front" engagiere, wurde vom Kaiser verboten. So diente die Ur-Ur-Enkelin der Königin Luise als Präsidentin des Königin-Luise-Bundes, bis Hitler 1934 Deutschlands größten Frauenbund auflöste. Briefe, Bilder, etwas Interieur und Zierrat zeigt das Marmorpalais in neun Räumen. Darunter Fotos von den zwei möblierten Zimmern, die Cecilie von 1945 an bis 1952 in Bad Kissingen bewohnte, bevor sie 67-jährig 1954 in Stuttgart starb: mit 3 000 Mark Monatsrente eine Prinzessin im Ruhestand - von den Deutschen fast vergessen.
Marmorpalais: bis 1. August, Di-So 10-17 Uhr. Der Bildband zur Schau: Jörg Kirschstein, "Kronprinzessin Cecilie", edition q, 160 Seiten, 28 Euro