Kritik zur letzten Sendung Kritik zur letzten Sendung: Warum man am Ende froh sein muss dass "Wetten dass..?" Geschichte ist

Viele kennen das. Man will eine Beziehung beenden, es hat einfach keinen Sinn mehr. Es passt nicht. Aber kurz vorher hat man plötzlich Zweifel. Eigentlich war er ja doch ganz nett. Eigentlich hat man mit ihr schöne Stunden verbracht. Und man hat sich ja auch aneinander gewöhnt über all die Jahre. Doch dann trifft man sich, der Partner sagt irgendetwas unglaublich Blödes und plötzlich ist man sehr erleichtert, weil man weiß, die Trennung ist richtig.
Hier können Sie das Minutenprotokoll zur letzten „Wetten, dass..?“-Sendung nachlesen.
Ein bisschen so war es auch mit der letzten Ausgabe von „Wetten, dass..?“. Alles war da um 20.15 Uhr: Wehmut, ja, auch Zuneigung - so viele Erinnerungen. Und Zweifel: Hat das ZDF die Show nicht vielleicht doch zu schnell aufgegeben? Darf man eine solche Marke sterben lassen?
Nach der letzten Ausgabe muss man sagen: Es war die richtige Entscheidung. Das hatte viele Gründe. Markus Lanz machte die Fehler, die er bisher in jeder Show gemacht hatte. Die aufgesetzt gute Laune, die schlechten Witze (zu einem Kleid von Katarina Witt bei einem Auftritt kurz nach der Wende: „Irgendwo zwischen Gardine und Eiserner Vorhang“), die Unart, seine Gesprächspartner nicht aussprechen zu lassen, das krampfhafte Alles-Gut-Finden.
Mit der Auswahl der Gäste tat das ZDF dem Moderator in der letzten Show allerdings auch keinen Gefallen. Katarina Witt, deren aufgesetztes Lachen nur schwer zu ertragen war, Skifahrer Hermann Maier (Lanz Kommentar, als beide Platz auf dem Sofa nahmen: „wirklich das who is who“) und vor allem die drei Komiker Bully, Elton und Otto. Ein amerikanischer Star traute sich trotz der traumatischen Erfahrungen seiner Kollegen dann doch in die Sendung. Ben Stiller („Wir haben hier ein echtes Genie auf der Couch sitzen“, sagte Lanz) ist Komiker und konnte es deshalb auch mit Humor nehmen, als Bully und Otto versuchten, witzig zu sein. Ein kleiner Trost dürfte für ihn der Einspieler mit zahlreichen Hollywoodstars gewesen sein, die in der Show auch schon zu Besuch waren (Lanz: „Wir hatten sie alle.“)
Die beiden Menschen, die die Show wie niemand sonst geprägt haben, blieben ihr fern. Frank Elstner und Thomas Gottschalk wollten sich die Beerdigung wohl nicht antun.
Gekommen war hingegen Samuel Koch. Das Schicksal des jungen Schauspielers, der nach seinem Unfall bei „Wetten, dass..?“ gelähmt ist, bewegt die Menschen bis heute. Lange applaudierte das Publikum und Koch war sichtlich gerührt, auch wenn er danach bemüht war, nicht zu viel Emotion aufkommen zu lassen. „Als ich das letzte Mal bei ‚Wetten, dass..?‘ war, bin ich frühzeitig gegangen und hatte einen steifen Hals“, sagte er auf die Frage, warum er sich nach längerem Zögern entschieden hatte, doch in die Sendung zu kommen. Und er reagierte sehr souverän und gelassen, als Lanz ihn ernsthaft fragte, ob er in diesem schlimmen Unfall nach vier Jahren ja vielleicht doch einen Sinn erkennen könne.
Und die Wetten? Naja. Minderjährige Cheerleader mit Schleifen im Haar, die in kurzen Röckchen Wäsche durch Sprünge an einer hoch hängenden Leine feststecken? „Gottschalk hätte mehr draus gemacht“, twitterte jemand sehr passend. Ein kleiner Junge, der Hunde daran erkennt, dass sie ihm Leberwurst von der Hand schlecken. Seine Kommentare: „Leckt zart“ oder „Leckt wild“. Und wie reagierte Lanz? „Man sagt, Leonardo di Caprio kann das auch, nur mit Models.“ Zweideutige Witze bei einer Kinderwette, für solche Momente wurde das Wort Fremdschämen erfunden. Den besten Hinweis hatte sowie ganz zu Beginn Oli Dittrich gegeben. Der hatte erzählt, dass ihn einmal nach einer Außenwetten-Moderation Rudi Carrell angerufen und schlicht gesagt hatte: „Ist nicht witzig, musst du lassen.“ Vielleicht hätte das auch mal jemand Markus Lanz sagen sollen. Gut und spektakulär hingegen die Außenwette, Student Jakob wurde der letzte Wettkönig. Auch der blinde Jugendliche Dave (Lanz: „er ist ganz, ganz blind“), der fehlende Puzzleteile anhand von Klickgeräuschen richtig zuordnen konnte, beeindruckte.
Alles in allem erinnerte die Show aber leider an ein Klassentreffen etliche Jahre nach dem Abitur. Man erzählt sich lustige Anekdoten, schwelgt in Erinnerungen, stellt fest, dass die Leute, die einen früher genervt haben, immer noch nerven, hört überwiegend schlechte Musik (von Unheilig zu Grabe getragen zu werden, hat „Wetten, dass..?“ trotz allem wirklich nicht verdient) und ist nach ein paar Stunden froh, dass es endlich vorbei ist. „Das Leben geht weiter. Wetten, dass?“, sagte Lanz zum Schluss. Dem ist nichts hinzuzufügen.


