Komische Oper Berlin Komische Oper Berlin: Konwitschny triumphiert mit «Land des Lächelns»
Berlin/dpa. - Ovationen, Applaus und nur ein oder zwei Buhrufe begleiteten am Sonntagabend an der Komischen Oper Berlin die Premiere von Franz Lehárs «Land des Lächelns». Mit dieser Produktion braucht das Opernhaus weder Abo-Kündigungen noch juristische Folgen zu befürchten.
Mit vielen Einfällen setzt der Regisseur die Multikulti-Liebesaffäre zwischen der Wiener Grafentochter Lisa und dem chinesischen Prinzen Suo-Chong ins Bild. Operetten-Freunde kamen bei der vom Kulturkanal 3sat live übertragenen, fast dreistündigen Langfassung von Lehárs populärstem Werk auf ihre Kosten. Dazu verhalf auch das glänzend disponierte Orchester unter Leitung des scheidenden Generalmusikdirektors Kirill Petrenko.
Nach der nur mäßig erfolgreichen Operette «Die Gelbe Jacke» von 1923 konnte Lehár mit dem «Land des Lächelns», eine Art Remake der «Gelben Jacke», sechs Jahre später einen Triumph feiern. Der Tenor Richard Tauber war der Star der Uraufführung in Berlin.
Als Einstieg in das k.u.k-Seelendrama spielt Konwitschny zunächst mit Wiener Champagnerlaune. Wien ist nur eine Welt aus Pappe (Bühnenbild: Jörg Koßdorf), die Damen und Herren der Gesellschaft sind eher bräsige als charmante Typen. Kein Wunder, dass Lisa (leicht überfordert: Tatjana Gazdik) ihren Verehrer Graf Pottenstein (glänzend: Tom Erik Lie) verschmäht und sich zum «aparten« Prinzen aus China hingezogen fühlt, mit dem sie in «das Land des Lächelns» ziehen will.
Konwitschny geht es nicht um die psychologische Deutung einer Liebesgeschichte zwischen Menschen verschiedener Kulturen. Sein Blick richtet sich auf die Wahrnehmung der Fremde, auf Vorurteile und Stereotypen und er bietet Anspielungen auf Asien-Exotik, Ferntourismus und Migration. Der Prinz aus Peking ist im Grunde einer von uns, sagt Konwitschny und zeigt, wie sich der Mann auf offener Bühne vom Maskenbildner zum Chinesen schminken lässt. Ständig werfen die Darsteller mit Perücken um sich, setzen sich Hüte auf oder wechseln die Kostüme - das Fremde als Konstruktion.
Doch die Realität holt Lisa und den Prinzen schnell ein. In Peking, wohin Lisa ihrem Gemahl folgt, muss sich der Prinz den Traditionen und seinem herrischen, im Mao-Look auftretenden Onkel Tschang (Jens Larsen) beugen. Lisa kann nicht akzeptieren, dass der Prinz den Sitten entsprechend vier weitere Frauen heiratet. Gegen die Machtverhältnisse kann sich auch Sou-Chong, bravourös gesungen von Stephan Rügamer, nicht durchsetzen. Sein Treueschwur («Dein ist mein ganzes Herz») verhallt zwischen den Rollos der kaiserlichen High- Tech-Pagode.
Der Versuch des Liebespaares, die Kulturschranken zu überwinden und nicht mehr Wienerin oder Chinese zu sein, gehen tragisch zu Ende. «Immer nur Lächeln, wie's da drin aussieht geht niemand was an», singt Sou-Chong nachdem er Lisa und Pottenstein meucheln lässt.
Dabei ist Peking nur die Kehrseite von Wien. Wenn sich der runde Bau in der Mitte öffnet, wird der Wiener Salon sichtbar. Und auch die Beziehungen zwischen Mann und Frau sind nicht wirklich besser. Gepeinigte Bräute im Hochzeitskleid müssen einen Fiaker wie Zugpferde schleppen, mit Kopftüchern bedeckte Immigranten-Frauen aus aller Welt stimmen in einen Leidenschor ein.
Eine Straffung hätte der Produktion gut getan. Reprisen und die Ballettszene zu Beginn des 2. Akts, bei der Stalin, Napoleon und Hitler einen lächerlichen Kriegstanz absolvieren, wirken eher bemüht als belustigend.