Klosterkirche Pforta Klosterkirche Pforta: Fensterrose hat mittelalterliches Glas wieder

naumburg/MZ - Ein Opfer der Flut ist die Klosterkirche Pforta beileibe nicht gewesen, und trotzdem untergegangen: Beiseite gedrängt von den Nachrichten von Elbe und Saale ist über die Rückkehr mittelalterlicher Glasmalerei zu berichten, die Ende Mai in der Klosterkirche Schulpforte zu feiern war. Ein Schatz, buchstäblich aus der Kiste, ist wieder zu besichtigen, dort wo er hingehört: Nichts weniger als die laut Kunsthistoriker Guido Siebert „älteste, mit ihrer Verglasung nahezu vollständig erhaltene zisterziensische Maßwerkrose“ ist wieder zu betrachten, hoch im Lichtgaden des Nordquerhauses. Das Glas in den Grau-Braun-Tönen der „Grisaille“-Technik – vom französischen „gris“, das heißt grau – ist silbrig glänzend ins Maßwerk zurückgekehrt, nachdem es seit Kriegszeiten in den Kellern des Schulhauses in einer eigens gezimmerten Kiste ein dunkles Dasein fristen musste.
So wie es zu Zeiten der Mönche erst mit Vollendung des Chors im Jahr 1268 in den steinernen Strahlenkranz eingesetzt werden konnte, waren für den Wiedereinbau zunächst die Grundvoraussetzungen zu schaffen. Zwar war die Kirche zu DDR-Zeiten in den 50er- und 60er-Jahren neu gedeckt und innen verputzt worden, sie verfiel dann aber schleichend und musste nach der Wende jahrelang aufwendig saniert werden. Die Zeit der Gerüste ist nun vorerst überstanden und man kann beginnen, das Bauwerk neu zu würdigen, nebst weiteren kunsthistorischen Höhepunkten seiner Ausstattung.
So verweist Siebert in einer Studie zu den Pfortenser Glasmalereien auf die „reich gestaltete Westfassade, die mit jenen der schmucklosen französischen Zisterzienserkirchen des 12. Jahrhunderts nicht vergleichbar ist“. Oder auf das zisterziensische Triumphkreuz, das über dem Hochchor schwebt, eines „von den drei ältesten“ seiner Art, nicht plastisch gebildet, sondern auf Holz gemalt.
Die Studie ist Teil des 1 000-Seiten-Werks, das der Förderverein „Welterbe an Saale und Unstrut“ zur Unterstützung des geplanten Antrags erstellt hat, mit dem „Der Naumburger Dom und die hochmittelalterliche Herrschaftslandschaft“ die Aufnahme ins Unesco-Weltkulturerbe anstrebt. Das war der Landesregierung einen Festakt zur Enthüllung des (gereinigten und restaurierten) Fensterglases wert.
Diesem hätte man allerdings an einer so traditionsreichen und zukunftsfrohen Stätte der Jugendbildung außer gediegenen Klängen des Schulchors einen freudvolleren Rahmen gewünscht – statt Amtsträgern in dunklen Anzügen und weißhaarigen Mitgliedern der „Weinbruderschaft Pforta“ in Operettengewändern vielleicht ein paar Worte aus Schülermund. Vor dem Mikrofon des lokalen Fernsehens jedenfalls gab sich eine Elft-klässlerin sichtlich begeistert: „So ein altes Fenster in der Kirche zu haben ist echt eine Ehrung.“
Ja, echt! Und das fast zu 70 Prozent, sagt die Restauratorin Ines Trappiel, und meint den Anteil des tatsächlich mittelalterlichen Glases, der überliefert ist. Den Rest hat eine Erfurter Glasrestauratorenfirma in den 70er-Jahren vorbildgetreu nachgebildet. Beim Großprojekt wissenschaftlicher Glasmalereiforschung, dem „Corpus Vitrearum“ in Potsdam, entsteht jetzt ein Band zum Pfortenser Glas, der alle Eingriffe grafisch genau darstellt. Für den Besucher am Ort sind das allerdings rein akademische Übungen, was zählt ist der Gesamteindruck, und für den sind die späteren Zutaten kaum wahrnehmbar.
Da kann man dann darüber sinnieren, wie Siebert in seinem Aufsatz, wie die frühen Zisterzienser sacht von den strengen Kunstvorschriften ihres Ordensreformers Bernhard von Clairvaux abrücken. Der sah in Bildern, Figuren und Farben Ablenkung vom Sich-Versenken in Gottes Geboten.
Ganz besonders geißelte der Mönch den Bildschmuck von Fabel- und Dämonenwesen, der damals verbreitet war. Doch die Pfortenser Künstler verweben geflügelte Drachenkörper mit Hundsköpfen zu teppichartig verschlungenen Mustern und sie setzen farbiges Glas sparsam, dafür ungemein belebend ein: kleine grüne und goldgelbe Schleifen an den Leibern der Drachen und genau in der Mitte der Rose ein leuchtend roter Stern.
Ein geschlossenes zisterziensisches Glasmalerei-Programm ist zu großen Teilen im Altenberger Dom im Bergischen Land und sonst kaum noch erhalten geblieben. Die komplett verglaste nördliche Seitenschiffrose in Schulpforta ist daher ein Glücksfall. Überlebt haben außerdem rund 50 Scheiben ähnlicher Machart für die Nordfenster des Chors, und die sollen ebenfalls restauriert und an Ort und Stelle eingesetzt werden.
Doch damit werden die Lichtverhältnisse der Kirche zum Thema. Das vorhandene milchig-weiße Glas erzeugt einen kalt überstrahlten Raum, in dem die filigranen Muster und koloristischen Feinheiten des Zisterzienserglases untergehen. Bei der federführenden Stiftung Schulpforta und im Landesdenkmalamt ist man sich bereits darüber einig, dass der Weg zu einer zeitgenössisch ergänzenden Glaskunst ein Wettbewerb sein muss.
Die Pfortenser Zisterzienserkirche als Beispiel für gelebte Gegenwart auf historischem Boden könnte sich als ein nicht zu unterschätzendes Argument für Weltkultur-Würden erweisen.
Kreuzgang und Kirche sind täglich 10-18 Uhr geöffnet, Führungen samstags 10.30 und 14 Uhr sowie auf Anfrage (034463) 61761