Klaus Lenz Klaus Lenz: Rückkehr eines Verschollenen
HALLE/MZ. - Diesem ersten, nachvollziehbaren Verschwinden folgte ein zweites, erstaunlicheres für einen wie Klaus Lenz: das musikalische Verstummen. Seine letzte Platte erschien vor 30 Jahren. Und seither hat er nicht mehr Trompete gespielt. Am Montag feiert er in der Nähe von Köln 70. Geburtstag.
"Ick will et jut machen"
Und nun die überraschende Rückkehr: Am 27. März steht die Klaus Lenz Modern Jazz Big Band auf der Bühne des Steintors Halle. Ein echtes Wiedersehen steht ins Haus: "Im Steintor habe ich früher bestimmt mehr als 30mal gespielt", sagt Lenz. 16 Musiker hat er dafür versammelt, einige alte Gefährten sind dabei: Ernst-Ludwig Petrowsky, Hubert Katzenbeier oder Conny Bauer. Uschi Brüning und Hansi Klemm singen. "It's real jazz from '65 to '77" steht auf dieser Zeitmaschine. Der Berliner meint es ernst: "Ick will et jut machen".
Ein Star war Lenz in der DDR. In seine Gruppen und Big-Band-Projekte holte er die besten Musiker und gab jedes Jahr neuen Talenten eine Chance. Günter "Baby" Sommer, Günther Fischer, Henning Protzmann, Reinhard Lakomy oder Ullrich Uli Gumpert gehörten zu den Lenz-Musikern. Mit Manfred Krug als Sänger entstanden zwei Langspielplatten. Lenz arrangierte zudem für Orchester und schrieb Musik für Filme wie "Käuzchenkuhle" oder "Stülpner-Legende".
In seinem Tour-Leben aber gab es immer wieder auch Ärger. Selbst eine Anzeige wegen Staatsverleumdung gehörte dazu. "Wir haben nachts im Interhotel Dresden kein Essen mehr bekommen. Da habe ich sie als Konsum-Kneipe beschimpft. In der Anzeige stand, ich hätte Kommunisten-Kneipe gerufen", erinnert sich Lenz lachend.
Und dann war er verschwunden: "Das war gar nicht so sehr aus politischen Gründen. Ich wollte ja nicht weg. Aber die Stasi hat mich auffällig überwacht. Als sie mir eine Tournee durch 30 bundesdeutsche Städte absagten, war Schluss. Denn die Reisefreiheit war für mich das Wichtigste. Am Ende wollten die DDR-Betonköpfe gar nicht, dass ich bleibe", ist Lenz sicher. Also benutzte der Privilegierte seinen Pass ein letztes Mal.
Der musikalische Start im Westen war schwierig. "Keiner kannte mich. Am Anfang waren wir noch auf allen Festivals dabei, aber mit Jazz konnte man kein Geld verdienen. Ich war nicht wählerisch: Auf Kreuzfahrtschiffen oder beim Karneval habe ich gespielt." Bald sei ihm aber klar geworden, dass er so gute Musik wie im Osten nicht mehr machen könnte. "20 Musiker, die 14 Tage lang jeden Tag acht Stunden proben, das war schlicht unbezahlbar. Und ich hatte keine Lust, schlechte Musik zu machen."
Fachwerkhäuser und Burgen
Und er habe keine Zeit gehabt: "Ich habe begonnen, alte Türen zu restaurieren und mir dann eine Firma aufgebaut. Inzwischen haben wir ganze 20 Fachwerkhäuser und zwei Burgen restauriert", erzählt Lenz. Er sei mit sich im Reinen, habe einen tollen Job und sei glücklich verheiratet. "Eigentlich wollte ich nie mehr Musik machen", fügt er hinzu. Und nun: "Ich habe noch niemals in meinem Leben so viel Trompete geübt. Jeden Tag eine Stunde, seit einem Jahr", sagt der 69-Jährige. Und im letzten halben Jahr hat er rund 1 000 Seiten mit Noten für die Band beschrieben. Alles mit der Hand. Warum? "Ich bin breit geklopft worden."
Das erledigte Bernd Ganßauge, ein Fan aus dem sächsischen Wurzen. Ein Jahr lang hat er den Ex-Musiker bearbeitet, sich Abfuhren geholt, Briefe geschrieben und gebettelt. "Ich möchte ihm heute auf der Bühne die Ehre zukommen lassen, die er verdient hat, der Nestor der DDR-Jazz-Szene," sagt er.
Kartenanfragen für das Steintor-Varieté unter 0345 / 2 02 97 71