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Kirchen in Sachsen-Anhalt  Kirchen in Sachsen-Anhalt : Fotograf Matthias Kunkel stellt Gotteshäuser vor

Von Kai Agthe 06.05.2019, 08:00
Es steht hier stellvertretend für die Sakralbauten in Sachsen-Anhalts Süden: Das Kirchlein in Drobitz
Es steht hier stellvertretend für die Sakralbauten in Sachsen-Anhalts Süden: Das Kirchlein in Drobitz Matthias Kunkel

Halle (Saale) - Schon beim ersten Durchblättern des Bildbandes zeigt sich: Jede der hier abgebildeten Kirchen ist ein Unikat, also unbedingt erhaltenswürdig. Das aber ist eine denkmalpflegerische und also finanzielle Mammutaufgabe, beziffert doch das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt in Halle die Zahl der Kirchen zwischen Arendsee und Zeitz auf rund 2 300 Objekte in 125 Orten.

Eine kleine Auswahl von Sakralbauten aus dem südlichen Sachsen-Anhalt und in Nordsachsen stellt jetzt Matthias Kunkel in Schwarz-Weiß-Aufnahmen vor. Die fotografische Reise reicht von Schlettau im Norden bis Rehehausen im Süden, von Höhnstedt im Westen bis nach Schnaditz im Osten.

Trotz vieler Fahrten über das Land, die es brauchte, ehe alle Aufnahmen im Kasten waren, ist die Klimabilanz des Fotografen vorbildlich: Alle Orte, wie abgelegen sie auch sein mochten, suchte Kunkel mit dem Fahrrad auf.

Über 200 Kirchenbauvereine

Die von Kunkel im Bild festgehaltenen Kirchen sind in den vergangenen drei Jahrzehnten zum größten Teil saniert worden und werden mehrheitlich noch für Gottesdienste und Gemeindeleben genutzt.

Einzig die ehemalige, 1864 im romanischen Rundbogenstil errichtete Kirche der früheren „Provinzial-Irrenanstalt“, die sich von 1857 bis 1935 in Halle-Nietleben befand, ist dem Verfall preisgegeben. Auch wenn dieses Kirchlein keine Lobby zu haben scheint, so existieren in Sachsen-Anhalt doch über 200 Kirchenbau- und Kirchenfördervereine, die viele in ihrer baulichen Substanz bedrohte Kirchen erhalten und somit einen gewichtigen Beitrag leisten, um ihre Kirche - buchstäblich - im Dorf zu lassen.

Doch angesichts sinkender Mitgliederzahlen in den christlichen Kirchen und des demografischen Wandels, der auf dem flachen Land und in kleinen Städten zu verzeichnen ist, wird es immer schwieriger und aufwendiger, Kirchengebäude zu erhalten.

„Kaum eine andere Region wie das Kernland der Reformation hat eine ähnlich hohe Kirchendichte, die jedoch einer 80-prozentigen Konfessionslosigkeit gegenübersteht“, schreibt die hallesche Kunstwissenschaftlerin Christin Müller-Wenzel im Vorwort zu Kunkels Bildband. So sehr aber die Zahl der Menschen, die einer der christlichen Kirchen angehören, auch abnimmt, umso stärker wächst gerade in kleinen Orten das Bewusstsein, dass die meist viele Jahrhunderte alte Kirchen den Mittelpunkt des Gemeinwesens bilden, also mit oder ohne Glauben Identität stiften. „Unsere Kirche ist, wie jede andere Kirche, ein Zeugnis der Grundwerte unseres Zusammenlebens“, schreibt Annegret Bergner, die zum Gemeindekirchenrat der Petruskirche in Halle gehört.

Gotteshäuschen aus Feldstein

Da jedes von Kunkel vorgestellte Kirchlein einzigartig ist, fällt es nicht leicht, diese oder jene als repräsentativ hervorzuheben. Doch das aus unbearbeiteten Feldsteinen gefertigte und teils mit Efeu bewachsene Gotteshäuschen in Drobitz (Anhalt-Bitterfeld) sei stellvertretend genannt, dessen in den Jahren 1718/19 entstandener quadratischer Turm das niedrige Langhaus dominiert. Ähnlich pittoresk präsentiert sich etwa die Kirche in Niedermöllern (Burgenlandkreis) aus dem 11. Jahrhundert, für die ebenfalls ein kleines Kirchenschiff mit massivem Turm charakteristisch ist. Da sich dieser über den Altarraum erhebt, werden Sakralbauten wie die in Niedermöllern auch Chorturmkirchen genannt.

Nicht ganz nachvollziehbar ist, warum trotz der Fülle an Kirchen in Sachsen-Anhalt auch noch der kurze Schwenk nach Nordsachsen vollzogen wird, dessen Sakralbauten Bildmaterial für einen eigenen Band geboten hätten.

Mit rund 15 Euro ist Matthias Kunkels großformatiges, dezent gestaltetes, fest eingebundenes und wirklich edel fotografiertes Buch aber unschlagbar günstig.

Christin Müller-Wenzel (Hg.): „Sakrale Orte im südlichen Sachsen-Anhalt und in Nordsachsen“, Fotografien von Matthias Kunkel, Michael Imhof Verlag, 127 Seiten, 14,95 Euro (mz)