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Kinostart: 6. September Kinostart: 6. September: «Saint Jacques... Pilgern auf Französisch»

Von Birgit Heidsiek 30.08.2007, 10:05
Im Kinofilm «Saint Jacques ... Pilgern auf Französisch» prügeln sich die beiden Geschwister Pierre (Artus de Penguern, l.) und Clara (Muriel Robin, r.) auf einer Straße. (Foto: dpa)
Im Kinofilm «Saint Jacques ... Pilgern auf Französisch» prügeln sich die beiden Geschwister Pierre (Artus de Penguern, l.) und Clara (Muriel Robin, r.) auf einer Straße. (Foto: dpa) Schwarz weiss filmverleih

Hamburg/dpa. - Sowohl der hypochondrische Manager (Artus de Penguern) als auch die mürrische, atheistische Lehrerin(Muriel Robin) tragen triftige Gründe vor, die dagegen sprechen. Docham Ende willigen beide genauso ein wie ihr alkoholabhängiger,arbeitsloser Bruder (Jean-Pierre Darroussin). In ihrer schwungvollenKomödie «Saint Jacques... Pilgern auf Französisch» schickt diepreisgekrönte französische Regisseurin und Autorin Coline Serreau(«Drei Männer und ein Baby», «Warum nicht!») ihre Protagonisten aufeine weite Wanderung, die sich für einige von ihnen zu einem Weg derSelbstfindung entwickelt.

Auf dem Gang zum Grab des Apostels Jakobus müssen sich dieverschiedenen Mitglieder dieser bunt zusammen gewürfelten Reisegruppezunächst zusammen raufen. Neben dem streitenden Geschwister-Triogehört dazu ein arabischer Analphabet (Aymen Saidi), der von seinemCousin (Nicolas Cazalé) mit dem Versprechen mitgelockt wurde, dassdiese Reise nach Mekka gehe. In Wirklichkeit will der junge Mann abernur nahe bei seiner Angebeteten (Marie Kremer) sein, die zusammen mitihrer Freundin (Flore Vannier-Moreau) gebucht hat. Ernsthaftmotiviert, den Jakobsweg zu beschreiten, ist nur eine lebensfroheKrebspatientin (Marie Bunel), die gerade eine Chemotherapie hintersich hat. Der farbige Reiseführer (Pascal Légitimus) hat es dahernicht einfach, all diese eigenwilligen Individuen unter einen Hut zubekommen.

Der eigentliche Hauptdarsteller in «Saint Jacques... Pilgern aufFranzösisch» ist die ausladende, weite Landschaft mit ihren vielen,unterschiedlichen Gesichtern. Um die passenden Schauplätze für diesenfantastisch fotografierten Film zu finden, wanderte das Team den rund700 km langen Pilgerpfad abschnittsweise bis zu vier Mal ab. Dabeiwurde jeder Drehort im Vorfeld genau festgelegt. Da die Produktionbei den Filmaufnahmen ausschließlich auf Naturlicht setzte, mussteauch die jeweilige Sonnenstellung berücksichtigt werden. Um daserforderliche Equipment in dieses unwegsame Gelände zutransportieren, das zum Teil nicht mit Autos befahrbar ist, wurdenEsel eingesetzt. Bei den Dreharbeiten war die kleine Filmcrew deshalbgefordert, sich auf das Allernötigste zu beschränken.

Zu den visuell bestechendsten Szenen in diesem Roadmovie gehörendie surrealen Traumsequenzen, in denen Serreau fantasievoll dieÄngste, Wünsche und Hoffnungen der Wanderer aufzeigt. Auf dieseretappenreichen Tour de Force legt sie Schritt für Schritt offen, wobei den Wanderern der Schuh drückt. Wenn die Pilger unbeobachtet vomRest der Gruppe heimlich stapelweise Kosmetikflakons,Beruhigungsmittel oder anderes überflüssiges Zeug aus ihren schwerenRucksäcken entsorgen, laden sie damit zugleich einen Teil ihresseelischen Ballastes ab. Auf dem steinigen Pfad nach Santiago deCompostela erleben sie einen Akt der Selbstbefreiung, bei dem der Wegdas Ziel darstellt. Die großartigen Landschaftsaufnahmen und diedramaturgisch wirkungsvoll eingesetzte Orchestermusik unterstreichendie zunehmende Entfaltung der Figuren.

In dieser intelligenten, vielschichtigen Komödie hält diefranzösische Erfolgsregisseurin der Gesellschaft einen Spiegel vor, indem sie beiläufig das schwelende Konfliktpotenzial andeutet, das selbst in alltäglichen zwischenmenschlichen Begegnungen wie verborgener Sprengstoff vorhanden ist. Mit kleinen boshaften Seitenhieben nimmt sie zudem augenzwinkernd die Doppelmoral der Kirchenvertreter auf die Schippe, deren Nächstenliebe sich nur auf Vertreter der eigenen Religion und Hautfarbe beschränkt. Im Zentrum von "Saint Jacques... Pilgern auf Französisch" steht jedoch die Geschichte der inneren Heimreise, die Serreau am Ende humorvoll mit ein paar kleinen Überraschungen auflöst. Diese leichtfüßige Wanderung über den Jakobsweg liegt damit voll im Trend, den Hape Kerkeling mitseinem Bestseller «Ich bin dann mal weg» ausgelöst hat.