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Kinostart: 28. Februar Kinostart: 28. Februar: «I'm Not There»

Von Johannes von der Gathen 21.02.2008, 12:34
Jude (M, Cate Blanchett) sitzt an einem Glastisch, auf dem eine Menge Pillen liegen. In dem Film «I'm Not There» versucht Regisseur Todd Haynes in sechs verschiedenen Episoden mit sechs verschiedenen Schauspielern, darunter Cate Blanchett, eine Annäherung an die Persönlichkeit der Folklegende Bob Dylan. Der Film kommt am 28. Februar in die deutschen Kinos. (Foto: dpa)
Jude (M, Cate Blanchett) sitzt an einem Glastisch, auf dem eine Menge Pillen liegen. In dem Film «I'm Not There» versucht Regisseur Todd Haynes in sechs verschiedenen Episoden mit sechs verschiedenen Schauspielern, darunter Cate Blanchett, eine Annäherung an die Persönlichkeit der Folklegende Bob Dylan. Der Film kommt am 28. Februar in die deutschen Kinos. (Foto: dpa) Tobis Filmverleih

Hamburg/dpa. - Ein Film wie ein Labyrinth, in dessen Gängen derZuschauer sich lustvoll verlaufen kann. Der amerikanische RegisseurTodd Haynes («Dem Himmel so fern») widmet sich dem Mythos Dylan miteinem faszinierenden Kaleidoskop, dessen Handlung man unmöglichnacherzählen kann. «Gestern, Heute, und Morgen in ein und demselbenRaum - da gibt es kaum etwas, das man sich nicht vorstellen könnte»,sagte Bob Dylan einmal. Und Haynes nahm ihn beim Wort.

«I'm Not There» ist eine überaus spannende, vielschichtigeCollage, die das übliche Format von konventionellen Biopics wie «WalkThe Line» oder «Ray» weit hinter sich lässt. Dabei erstarrt Hayneskeineswegs in Ehrfurcht vor dem überlebensgroßen Künstler, sondernnähert sich höchst produktiv einem chamäleonhaften Genie, das sichallen Zuschreibungen immer wieder erfolgreich entzogen hat.

Sechs Schauspieler stehen für verschiedene Facetten undLebensalter: Marcus Carl Franklin, Christian Bale, Ben Whishaw, derim Januar 2008 verstorbene Heath Ledger, Cate Blanchett und RichardGere. Ein Erzählstrang geht zurück zu den Wurzeln Dylans, die in derBürgerrechtsbewegung liegen. Der junge Marcus Carl Franklinverkörpert den erst 11-jährigen Vagabunden und Bluesmusiker Woody,der mit seiner Gitarre umherzieht, wie der legendäre Woody Guthrie inGüterwaggons durchs Land fährt und den Leuten Geschichten erzählt.Ein heimatloses, altkluges Kind, das schon die ganze Welt gesehenhat. Hier liegt der Kern der Revolte Dylans, Kämpfer an der Seite derEntrechteten und Ausgestoßenen.

Ein Porträt des Künstlers als junger Bohemien entwirft Ben Whishaw(«Das Parfum») als Dichter Arthur Rimbaud, von dem dieprogrammatische Aussage stammt: «Ich, das ist ein anderer». Derhagere Christian Bale gibt den zerzausten Protestsänger, der Anfangder 60er Jahre zum Sprachrohr einer ganzen Generation wurde. In einergiftig zugespitzten Nebenrolle erinnert Julianne Moore an Dylansdamalige Kampfgefährtin und Geliebte Joan Baez.

Alle Episoden, die immer wieder überblendet werden, wurzeln in denSixties, dem Jahrzehnt des Aufbruchs. Der großartige Heath Ledger istnoch einmal zu sehen, als Ehemann und Familienvater, der sich inGreenwich Village in die betörend schöne Malerin Claire (CharlotteGainsbourg) verliebt. Aber die Ehe geht Anfang der Siebziger zuBruch, da ist Amerika durch den Vietnamkrieg tief gespalten, dieIllusionen sind verflogen.

Spektakulär sind die von Martin Scorseses Dokumentation «NoDirection: Home» (2005) inspirierten Episoden mit deroscarnominierten Cate Blanchett, die den androgynen Exzentriker Dylanspielt, der auf seiner Englandtour 1965 die treuen Folkfans mitseiner E-Gitarre verschreckte. «Swinging London» im Drogenrausch, dieBeatles tollen als dumme Jungs durch den Park, Beat-Poet AllenGinsberg lästert über Gott und die Welt, das Model Coco Rivington,gespielt von Heath Ledgers letzter Freundin Michelle Williams,wandelt als Pop-Fee durchs Unterholz.

Nach der Ekstase folgt die Kontemplation: Richard Gere ist einwundersamer Einsiedler, der mit seinem Hund auf einer Farm inMissouri lebt und ab und an das Dörfchen Riddle (Rätsel) besucht.Hier tummeln sich Gestalten wie aus einem Spätwestern, Dylan selbststand 1973 in Sam Peckinpahs «Pat Garrett und Billy the Kid» vor derKamera. Und ein wenig schließt sich dann doch der Kreis, als derEremit in einem Güterwaggon einen verstaubten Gitarrenkoffer findet.Vergangenheit und Gegenwart schießen zusammen, eine von vielenmagischen Szenen in diesem fantastischen Kaleidoskop.