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Kinostart: 25. September Kinostart: 25. September: «Der Baader Meinhof Komplex»

Von Cordula Dieckmann 18.09.2008, 08:38
Studentenführer Rudi Dutschke (Sebastian Blomberg, r) in einer Szene des Films «Der Baader Meinhof Komplex». Der Film erzählt die Geschichte der Roten Armee Fraktion (RAF) in den 70er Jahren. (Foto: dpa)
Studentenführer Rudi Dutschke (Sebastian Blomberg, r) in einer Szene des Films «Der Baader Meinhof Komplex». Der Film erzählt die Geschichte der Roten Armee Fraktion (RAF) in den 70er Jahren. (Foto: dpa) Constantin Film

München/dpa. - Dieser Film ist keine traditionelle Lehrstunde injüngerer deutscher Geschichte und auch kein Gefühls-Kino. «Der BaaderMeinhof Komplex» von Produzent Bernd Eichinger und Regisseur Uli Edelist ein packendes Polit-Drama, rasant geschnitten, mit brillantenSchauspielern, das ganz auf melodramatische Zuspitzung verzichtet. Esgeht um Wut, um Entscheidungen, um Taten. Skrupellos greifen dieAnhänger der Roten Armee Fraktion (RAF) zur Waffe, um ihre Opferabzuknallen. Am Ende entlässt einen der Film mit einem Gefühl derFassungslosigkeit und der beklemmenden Frage, wie junge Menschenüberhaupt zu solch eiskalten Taten fähig sein konnten.

«Wir haben gelernt, dass Reden ohne Handeln unrecht ist», bekenntGudrun Ensslin vor Gericht, wo ihr 1968 nach Brandanschlägen aufFrankfurter Kaufhäuser mit Andreas Baader und anderen der Prozessgemacht wird. Gründe zum Tätigwerden gibt es viele: Die Politik desSchahs in Persien, der Vietnam-Krieg der USA, der tödliche Schusseines Polizisten auf den demonstrierenden Studenten Benno Ohnesorgoder das Attentat auf den Studentenführer Rudi Dutschke. Medienhetze,Staatsgewalt. Einigen Studenten reichen die Proteste nicht aus. Sieschließen sich zusammen, planen Aktionen und tauchen ab in denUntergrund. Neben Baader und Ensslin stoßen immer mehr zu der Gruppe.

Zeit zum Ausruhen lässt der Film nicht. Immer wieder prasselnFotos, alte Filmaufnahmen oder Ausschnitte aus Fernsehnachrichten aufdie Zuschauer ein - stakkatoartig wie Gewehrsalven. Dazwischen dieSchauspieler, die den Vorbildern zum Teil frappierend ähnlich sehen.Es ist diese Mischung aus Erdachtem und aus Wirklichkeit, die demFilm seine Spannung und Glaubwürdigkeit verleiht. Wohltuend auch,dass nicht die Geschichte Einzelner im Mittelpunkt steht. Unermüdlichwechselt der Film die Perspektiven, fügt sich aber dennoch zu einemharmonischen Ganzen. «Fetzendramaturgie» nennt Eichinger das.

Dass das so spannend ist, liegt auch an den Schauspielern. MoritzBleibtreu als jähzorniger, charismatischer Baader macht klar, warumdieser Mann die Menschen in seinen Bann ziehen konnte. Brillant istauch Johanna Wokalek als Gudrun Ensslin - kühl und mitleidslosverwirklicht sie die Ziele der RAF. Nur bei Baader wird sie schwachund es liegt Wärme in ihrer Stimme, wenn sie ihn ruft: «Baby!». Eineschwierige Rollen hatte Martina Gedeck, die als Ulrike Meinhof denSpagat zwischen der bürgerlichen Ehefrau und Mutter, später derüberzeugten Terroristin und gebrochenen Gefangenen meistern musste.

Überzeugend auch Nadja Uhl, die als Brigitte Mohnhaupt kaltblütigihre Waffe gegen Menschen richtet. Bruno Ganz spielt den Chef desBundeskriminalamtes, Horst Herold, als überlegten Ermittler, der dieTäter verstehen will, um ihnen das Handwerk zu legen. Psychologiestatt Waffen, lautet sein Credo. Doch in der Atmosphäre großerVerunsicherung bei den Verantwortlichen in der Bundesrepublik stößter damit auf große Skepsis.

Eichinger hat die dramatischen Ereignisse, die auf dem Buch vonStefan Aust basieren, stark zusammengekürzt. Die Zeitspanne reichtvon Ohnesorgs Tod 1967 über Bombenanschläge und Morde bis zum«Deutschen Herbst» 1977 mit der Entführung der Lufthansa-MaschineLandshut und der Tötung des Arbeitgeber-Präsidenten Hanns MartinSchleyer. Wer über dieses Kapitel deutscher Geschichte nicht genugweiß, dürfte mit dem Film überfordert sein, zumal dieser aufErklärungen oder die Einführung der vielen Einzelpersonen verzichtet.

Eine stumme Rolle spielen die Opfer und ihre Angehörigen. IhreEmotionen blendet der Film weitgehend aus. Sie kommen nur vor, wenndie Täter selbst betroffen sind. So etwa in der Szene, als SusanneAlbrecht Mohnhaupt und Christian Klar (Daniel Lommatzsch) bei denPontos einführt, die mit ihrer Familie eng befreundet sind. Als Klarund Mohnhaupt Ponto erschießen, bricht die Verzweiflung aus Susanneheraus. «Wie soll ich das meinen Eltern erklären», schreit sie undlässt ihrer Verzweiflung hemmungslos ihren Lauf.

Dass diese blutigen Geschehnisse nur wenige Jahrzehntezurückliegen, dürfte auch jüngere Kinogänger nachdenklich stimmen. AmEnde ist es die kühl handelnde Mohnhaupt, die vor jungen RAF-Sympathisanten mit dem Helden- und Selbstmord-Mythos um Baader,Ensslin, Meinhof aufräumt: «Ihr habt die Leute nie gekannt. Hört auf,sie so zu sehen, wie sie nie waren!»