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Kinostart: 20. Mai Kinostart: 20. Mai: «Vergiss mein nicht!»

Von Andrej Sokolow 16.05.2004, 16:33
Joel (Jim Carrey) und Clementine (Kate Winslet) kuscheln in einer Szene des neuen Kinofilms "Vergiss mein nicht!" (undatiertes Foto). Joel will mit Hilfe eines "genialen" Wissenschaftlers endlich Ordnung in sein Leben bringen und seine verflossene Liebe Clementine vergessen, die ihm immer noch so viel Kopfzerbrechen bereitet. Die Lösung: Er lässt sich mit einer neuen Behandlungsmethode einen Teil seines Gedächtnisses löschen. Doch schon bald wird klar, dass sich seine Erinnerungen nicht so einfach löschen lassen. Erstmals sind Carrey und Winslet als Liebespaar zu sehen. Der Film kommt am 20.05.2004 in die Kinos. (Foto: dpa)
Joel (Jim Carrey) und Clementine (Kate Winslet) kuscheln in einer Szene des neuen Kinofilms "Vergiss mein nicht!" (undatiertes Foto). Joel will mit Hilfe eines "genialen" Wissenschaftlers endlich Ordnung in sein Leben bringen und seine verflossene Liebe Clementine vergessen, die ihm immer noch so viel Kopfzerbrechen bereitet. Die Lösung: Er lässt sich mit einer neuen Behandlungsmethode einen Teil seines Gedächtnisses löschen. Doch schon bald wird klar, dass sich seine Erinnerungen nicht so einfach löschen lassen. Erstmals sind Carrey und Winslet als Liebespaar zu sehen. Der Film kommt am 20.05.2004 in die Kinos. (Foto: dpa) Focus Features/Constantin Film

Hamburg/dpa. - Wie ist es, wenn man von jemandem, den man liebt,einfach aus dem Gedächtnis gelöscht wird? Diese Frage stellten sicheinmal in einem Pariser Café der französische Musikvideo-RegisseurMichel Gondry und ein befreundeter Künstler. Am Ende kam der Film«Vergiss mein nicht!» heraus, in dem Jim Carrey seine wohl besteernste Rolle abliefert und der in Amerika schon jetzt als Oscar-Kandidat gehandelt wird. Auch Kate Winslet konnte sich endlich ausdem Schatten ihrer «Titanic»-Rolle befreien und erntete begeisterteKritiken.

Die Geschichte ist auf den ersten Blick schnell erzählt. Derschüchterne, in sich gekehrte Joel Barrish (Carrey) wird von seinerimpulsiven, lebenshungrigen Freundin Clementine (Winslet) verlassenund leidet schrecklich. Schlimmer noch, eines Tages wagt er endlicheinen Versöhnungsversuch und muss feststellen, dass sie durch ihn wiedurch einen Fremden hindurchsieht. Von Freunden erfährt Joel, dasssich Clementine die gesamte Erinnerung an ihn löschen ließ.

Da beschließt Joel, es ihr gleich zu tun. Bei der Firma Lacuna,die mehr an eine schäbige Zahnarztpraxis als an eine Brutstättemodernster Technologie erinnert, muss er alles abgeben, was ihn anClementine erinnern könnte. Und in der Nacht kommen zwei Techniker zuihm nach Hause, um sie komplett aus seinem betäubten Hirnauszuradieren. Joels Körper ist paralysiert, aber sein Verstand istwach, und er erlebt mit, wie sein Gedächtnis sich in Luft auflöst.Alte und neue Erinnerungen vermischen sich miteinander und mit derRealität zu bizarren Konstruktionen. Als auch die schönen Momente mitClementine dran sind, weiß Joel definitiv: Er will sie behalten.

Und damit beginnt eine atemlose Jagd durch Joels Gehirn, in der erverzweifelt versucht, seine Clementine in irgendeinem Winkel derVergangenheit vor den unerbittlichen Verfolgern zu verstecken. Der inHollywood nach dem Erfolg von «Being John Malkovich» schwer angesagteDrehbuchautor Charlie Kaufman sorgte für verwirrende Augenblicke.«Die Clementine, mit der Joel ständig in seinem eigenen Kopf spricht,ist überhaupt nicht Clementine. Sie ist seine Erinnerung an sie unddamit eigentlich er selbst», so eine Kostprobe seiner Überlegungen.

Kaufman gelang ein Beziehungsdrama im wahrsten Sinne des Wortes.Ohne Zeit auf beliebige Details zu verschwenden, skizziert er inwenigen Zügen die Tragödie einer zerfallenden Beziehung: Sie redet zuviel, er zu wenig, kleine Unzufriedenheiten wie Haare auf der Seifewerden riesig und verdrängen alles andere, beide fühlen sicheingesperrt und haben sich nichts mehr zu sagen. Unter dem Strich derErinnerungen bleibt jedoch die Botschaft: Das Leben ist unheimlich,die Liebe zerbrechlich und kostbar.

Der deutsche Titel «Vergiss mein nicht!» ist viel zu banal fürdiese Geschichte. Im Original heißt der Film «Eternal Sunshine of theSpotless Mind», in etwa «ewiger Sonnenschein des unbekümmertenGeistes», eine Zeile aus «Eloise an Abelard» des Dichters AlexanderPope. Ebenso falsch sei es, wenn der Film als romantische Komödieverkauft wird, kritisierte Gondry in einem Interview. «Das ist ereinfach nicht.» Es sei schon lustig, dass er, der jahrelangWerbekampagnen für Firmen wie Levi's machte, keine Kontrolle über dieVermarktung seiner eigenen Kinofilme habe. «Selbst das Foto von JimCarrey auf dem Plakat ist nicht aus dem Film und nicht von mir. Siewollten unbedingt, dass er auf dem Poster lächelt.»

Gondry griff für einen ungewöhnlichen Film zu ungewöhnlichenMitteln. So verzichtete er auf das übliche Kommando «Kamera läuft»,und die Schauspieler wussten oft nicht, ob und von wo sie geradegefilmt werden. Dies habe vor allem Carrey irritiert, der zunächstseine Energie verschwendet fühlte, sagt Gondry. Winslet mit ihrerenergiegeladenen, fragilen und überwältigend liebenswerten Clementinewar dagegen von Anfang an eine treue Komplizin des Regisseurs. Sieunterbrach Carrey mitten im Satz, Schlug auf ihn ohne Vorwarnung einoder verschwand plötzlich. «So sind seine überraschten Reaktionen invielen Szenen wirklich echt», sagt Gondry.

Ein weiteres Problem sei gewesen, das natürliche TemperamentCarreys zu zügeln, der zunächst wie gewohnt improvisieren wollte.«Als ich ihn bat, sich an den Text zu halten, war er etwas gekränkt.Witzigerweise habe ich am Ende in mancher Szene seine Sätze für denFilm genommen, weil sie besser waren als Charlies», räumt Gondry ein.Die Montage der fertigen Filmaufnahmen dauerte elf Monate.Unmittelbar nach dem Ende der Dreharbeiten wurde der Regisseur selbstvon seiner Freundin abserviert und dachte nach eigenem Bekenntnisauch an die Vorzüge einer Gehirnsäuberung.