Kinostart 19. Mai Kinostart 19. Mai: «Joschka und Herr Fischer»

Berlin/dapd. - InTurnschuhen zog er 1985 als erster Minister der Grünen in denhessischen Landtag ein, später wurde er im Anzug Vizekanzler undAußenminister. Auch als APO-Aktivist und Marathonläufer machte ervon sich reden.
In seiner Dokumentation «Joschka und Herr Fischer» blicktRegisseur Pepe Danquart («Höllentour») gemeinsam mit dem ehemaligenAußenminister auf 60 Jahre Bundesrepublik Deutschland zurück. DieBiografie des Politikers bildet in dem mehr als zweistündigen Werkden Roten Faden, um den Stützpfeilern der deutschenNachkriegsgeschichte ein Gesicht zu geben.
Danquart präsentiert Bilder vom Kriegsende, vom Aufbau, vonStudentenunruhen und der Wiedervereinigung. Dazu berichtet Fischer,wie er die jeweiligen Zeitabschnitte miterlebt hat und wie aus demrebellischen Joschka der staatstragende Herr Fischer wurde. Auchandere Zeitzeugen und Wegbegleiter wie Hans Koschnick, KatharinaThalbach oder Daniel Cohn-Bendit kommen zu Wort.
Zwtl: Turnschuhe und Farbbeutelattacken
Die historischen Exkurse bringen dem Zuschauer allerdings kaumneue Erkenntnisse. Auch über Fischers Mitwirken bei der68er-Bewegung hält sich der Film bedeckt. Fischer hat mit diesemTeil seiner persönlichen Vergangenheit ganz offensichtlichabgeschlossen. Vor der Kamera verhält er sich dementsprechendbedeckt und reserviert.
Erst mit dem Einzug von Herrn Fischer auf die parlamentarischeBühne wendet sich das Blatt. Vollkommen unvermittelt öffnet derPorträtierte sein Innenleben und plaudert offen über Gefühle undEmpfindungen. Der Zuschauer ist plötzlich hautnah dabei.
Natürlich darf in diesem Zusammenhang Fischers legendäreVereidigung vor dem hessischen Landtag nicht fehlen. Auch dieFarbbeutelattacke gegen ihn auf dem Parteitag der Grünen 1999 wirdangesprochen - wobei Fischer in diesem Zusammenhang noch einmalseinen Wandel vom Pazifisten zum Kriegseinsatzbefürworter im Kosovoerklärt.
Zwtl: Intime Bekenntnisse eines Politikers
Seinen vielleicht stärksten Moment hat der Film, als Fischer überden Tag seiner Ernennung zum hessischen Umwelt- und Energieministerspricht. Damals, 1985, war er ein unbedarfter Politiker in einerPartei ohne Machterfahrung. Die innere Leere, gepaart mit einergewissen Hilflosigkeit, von der Fischer berichtet, lässt sichspürbar nachfühlen.
Über Joschka, den APO-Aktivisten, erzählt der Film wenig, überHerrn Fischer, den Politiker, erfährt der Zuschauer dafür umso mehr.Und exakt wegen ihrer starken zweiten Filmhälfte ist DanquartsDokumentation spannend, informativ und sehenswert.
(«Joschka und Herr Fischer», Dokumentation, Deutschland 2011, 140Minuten, Verleih: X Verleih, Regie: Pepe Danquart, Mit: JosephFischer, Katharina Thalbach, Peter Grohmann, Daniel Cohn-Bendit,u.a.) t)
