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Kinostart: 14. August Kinostart: 14. August: «Nanny Diaries»

Von Wolf von Dewitz 07.08.2008, 07:09
Annie (Scarlett Johansson) auf der Straße mit einem Jungen in einer Szene des Films «Nanny Diaries». Johansson mimt die junge Annie, die als College-Absolventin bei einer New Yorker Familie als Kindermädchen angestellt. Die Stelle bei Mr. X und seiner Frau entwickelt sich jedoch bald zum Albtraum. Die Zuschauer dürfen in dem milieukritischen Drama tiefe Einblicke in die knallharte Welt der New Yorker High Society riskieren. (Foto: dpa)
Annie (Scarlett Johansson) auf der Straße mit einem Jungen in einer Szene des Films «Nanny Diaries». Johansson mimt die junge Annie, die als College-Absolventin bei einer New Yorker Familie als Kindermädchen angestellt. Die Stelle bei Mr. X und seiner Frau entwickelt sich jedoch bald zum Albtraum. Die Zuschauer dürfen in dem milieukritischen Drama tiefe Einblicke in die knallharte Welt der New Yorker High Society riskieren. (Foto: dpa) Central

Berlin/dpa. - Am Ende hat sie ihreKapitalismus-Lektion gelernt: «Ich glaube nicht, dass Geld das Lebeneinfacher macht», sagt sie treuherzig. Der Film basiert auf demgleichnamigen Bestseller der beiden Ex-Nannys Emma McLaughlin undNicola Kraus.

Annie, gespielt von Johansson, weiß nach ihrem College-Abschlussnicht weiter. Ihre Mutter will sie unbedingt in der Finanzweltsehen, Annie hingegen träumt von einer Karriere an der Uni. «Wiewillst du denn mit Anthropologie Geld verdienen», warnt die besorgteMutter, die als Krankenschwester ihr Kind allein aufzog. In ihrerRatlosigkeit nimmt Annie dann übergangsweise einen Job alsKindermädchen an. Für die schnöselige Mrs. X, überzeugend gespieltvon Laura Linney, soll sie deren 5-jährigen Sohn Grayer umsorgen.

Ihre Arbeitgeberin macht ihr mit unsinnigen Vorgaben den Alltagschwer. Während sie buchstäblich im Taubenverschlag einquartiertwird, stürzt sich Mrs. X in Shopping-Exzesse.

Eine unbedarfte Vorstadt-Nanny kämpft gegen Manhattans verdorbeneOberschicht. Der Stoff klingt nach einer bissigenGesellschaftssatire. Tatsächlich aber haben die Regisseure ShariSpringer Berman und Robert Pulcini einen Herzschmerz-Hollywoodstreifen im Hochglanzformat gemacht. Sozialkritik kommtkaum vor. Glamour-Star Johansson macht in stets wechselnden Outfitseine modisch bessere Figur als es von armen Nannys am Ende ihrerKräfte erwartet werden kann. Eigentlich haben Annie und ihre FreundeGeldprobleme. In schicken Apartments und bei kulinarischen Gelagenist das aber nicht sichtbar.

Das Anbändeln mit dem Nachbarssohn, im Buch ein eher loserNebenstrang, wird zur intensiven Lovestory. Dabei bleiben dieFiguren hölzern und oberflächlich gezeichnet. Paul Giamatti undAlicia Keys sind in Nebenrollen nur Staffage. Selbst der Soundtrackwirkt mit Uralt-Hits wie George Michaels «Freedom» uninspiriert. Einerträumter Regenschirm, an dem Annie ihren Problemen davon schwebenwill, verweist auf die wohl berühmteste Leinwand-Nanny, MaryPoppins. Deren schwungvolle Leichtigkeit hätte dem Film tatsächlichgut getan.

Einzig Laura Linney zeigt als Oberschichts-Tussi ihreschauspielerische Klasse. Auf den Trümmern ihrer Ehe überdeckt sieseelische Wunden mit glitzerndem Schmuck und verschließt vor denSeitensprüngen ihres Ehemannes die Augen. Sie spielt eine innerlichbrodelnde Frau, die auch im Moment des Scheiterns um eine glattpolierte Oberfläche bemüht ist. Die 44-Jährige war bereits drei Malfür den Oscar nominiert, zuletzt für «The Savages», ging aber stetsleer aus.

Die «Nanny Diaries» lief bereits vor einem Jahr in den US-Kinos.Dort bekam der Streifen überwiegend negative Kritiken. «Die New YorkPost» beschrieb den Film als «romantisches Abflussloch unddramatische Tundra». Das «Wall Street Journal» bemängelte diezahlreichen Klischees und Stereotypen, die das Werk leblos gemachthätten. In der «New York Times» wurde Johansson kritisiert, der esin dem Film bei bleierner Leinwandpräsenz und monotoner Stimmegänzlich an Charme und Humor fehle.