Kinofilm «Irina Palm» Kinofilm «Irina Palm»: Handarbeit bis zum Höhepunkt

Berlin/ddp. - Ihr scheint gar nicht bewusst, welcher Arbeit sie nachgeht. Die Geschichte der 50-jährigen Witwe ist anrührend und zugleich urkomisch. «Irina Palm» ist der zweite Film des belgischen Regisseurs Sam Garbarski, «Irina Palm». Seine Weltpremiere feierte er bei der diesjährigen Berlinale, wo er beim Publikum gut ankam, bei der Verleihung der Bären aber leer ausging.
Der Ausgangspunkt des Films ist traurig: Der kleine Junge Olly(Corey Burke) ist todkrank. Seine Eltern Tom (Kevin Bishop) und Sarah (Siobhán Hewlett) haben jedoch kein Geld, das Kind zur Therapie nach Australien zu schicken. Da kommt Maggies bedingungslose Großmutterliebe ins Spiel: In einem Sexshop im Londoner Stadtteil Soho entdeckt sie ein Schild im Fenster: «Hostess gesucht. Topverdienst». Maggie meldet sich, nichtsahnend was sie erwartet: Als Unschuld vom Lande glaubt sie zunächst, sie könne ihr Geld dort mit Tee kochen und Putzen verdienen.
Erst will Bordellchef Miki (Miki Manojlovic) die naive und für den Job eigentlich zu alte Witwe schon wieder nach Hause schicken. Doch dann erkennt er Maggies Qualitäten: Sie hat extrem zarte Hände - für Miki wie geschaffen, um die Kundschaft in Handarbeit zum Höhepunkt zu bringen. Auch Kollegin Luisa, die Maggie anlernt, sagt dieser eine steile Karriere voraus: «Damit wichst Du England zum Weltmeistertitel.» Tatsächlich: Bald stehen die Männer Schlange bei «Irina Palm», wie Miki seine neue Topkraft nennt. Und auch Ollys lebensnotwendige Therapie in Australien scheint gesichert.
Doch Maggies Geheimnis bleibt nicht lange geheim. Ihr Sohn Tom,misstrauisch, woher sie die 6000 Pfund für Ollys Behandlung hat,folgt ihr zur Arbeit - und rastet aus, als er erfährt, was seineMutter heimlich mit der rechten Hand macht.
«Irina Palm», eine belgisch-deutsch-luxemburgisch-britisch-französische Koproduktion, schafft es, zu keinem Zeitpunkt ins Platte abzugleiten - auch nicht in Szenen, in denen ein Doktor Maggie einen «Penisarm» diagnostiziert und ihr rät, es ein paar Tage ruhig angehen zu lassen. Zudem ist nie auch nur der Ansatz eines männlichen Körperteils zu sehen. Wenn Maggie bei der Arbeit ist, ruht die Kamera in ihrem Gesicht und fängt die großartige Mimik ein.
Die in Paris lebende Schauspielerin und Sängerin Faithfull (60)war neben kleineren Projekten zuletzt in Sofia Coppolas «MarieAntoinette» zu sehen. Nach «Irina Palm» wird sich das Publikum sicher wünschen, die Britin mit der markanten rauen Stimme («Broken English») öfters auf der großen Leinwand zu sehen. Bei der Berlinale gab die Ex-Geliebte der Rolling-Stones-Musiker Mick Jagger und Keith Richards, die lange Jahre mit ihrer Drogensucht und 2006 mit einer Krebserkrankung zu kämpfen hatte, jedoch zu Protokoll, dass sie keine Pläne für weitere Filme habe. Vielmehr wolle sie sich wieder auf ihre Arbeit als Musikerin konzentrieren.
(«Irina Palm», Drama/Komödie, Deutschland/Belgien 2007, 103Minuten, FSK: 12, Regie: Sam Garbarski, Darsteller: MarianneFaithfull, Miki Manojlovic, Kevin Bishop u.a.)