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Kino Kino: «Nirgendwo in Afrika» ist überall in Amerika

Von Barbara Munker 05.06.2003, 13:14
Regina Redlich (Lea Kurka) in «Nirgendwo in Afrika»
Regina Redlich (Lea Kurka) in «Nirgendwo in Afrika» dpa

Los Angeles/dpa. - Nach seinem Oscar-Gewinn im März ist der deutsche Film «Nirgendwo in Afrika» in den USA weiter auf Erfolgskurs. Beim Hürdenlauf an den amerikanischen Kinokassen hat der Streifen der Münchner Regisseurin Caroline Link jetzt mit Leichtigkeit die 4-Millionen-Dollar-Schwelle passiert. Nach Angaben der Filmzeitschrift «Variety» spielte die Geschichte einer deutsch- jüdischen Familie im afrikanischen Exil nach 13 Wochen auf dem amerikanischen Markt 4,25 Millionen Dollar ein. Damit überrundete «Nowhere in Africa» (US- Titel) in der Gruppe der nicht englischsprachigen, untertitelten Filme seinen schärfsten Konkurrenten, das brasilianische Slum-Epos «City of God», das in den USA mit großen Erwartungen an den Start gegangen war.

Der Oscar-Gewinner stellte nun auch den letzten deutschen Hit nach amerikanischem Geschmack in den Schatten. Die kulinarische Liebeskomödie «Bella Martha» von der Hamburgerin Sandra Nettelbeck hatte im vorigen Jahr in den USA immerhin 4,16 Millionen Dollar eingespielt. Für Robert Koehler, Filmkritiker des renommierten Filmblattes «Variety», war der Link-Erfolg zu erwarten. «Der Film ist handwerklich sehr gut gemacht. Die Bilder sind wunderschön und man kann sich in diese epische Geschichte und die Abenteuer des kleinen Mädchens herrlich hineinversenken.» Genau das komme beim amerikanischen Publikum gut an, sagte Koehler am Mittwoch der dpa.

Der Kritiker vermutet, dass «Nirgendwo in Afrika» durch die Thematik und eine hervorragende Mundpropaganda viele jüdische und auch ältere Zuschauer ins Kino locken konnte. Vielleicht half es auch, dass sich der Film «gar nicht so deutsch anfühlte», meint Koehler. Schließlich spielt er nicht in Deutschland, sondern im exotischen Afrika. «Es war mehr ein Abenteuerdrama, in dem die Leute zufälligerweise deutsch sprachen». Ein «europäisches Feeling» bescheinigt der Fachmann auch dem deutschen Export-Hit der 90er Jahre «Lola Rennt», der in den USA über 7,2 Millionen Dollar einspielte. «Run Lola Run», der in Englisch ohne Untertitel lief, «war eher ein total erfolgreiches Musikvideo», sagt Koehler.

Der Kritiker, der sich für die Stars des Autorenkinos wie Rainer Werner Fassbinder, Wim Wenders und Volker Schlöndorff begeistert, hofft, dass junge deutsche Filmemacher nicht dem Hollywoodstil verfallen. «Hoffentlich denken sie nicht, ihre Filme «ent-deutschen» zu müssen, um in den USA Erfolg zu haben.» Doch bei vielen Zuschauern kommt die neue deutsche Handschrift offenbar gut an. Eine Kinobesucherin in San Francisco lobte die «Leichtigkeit» von «Nirgendwo in Afrika», mit der sie nicht gerechnet habe: «Viele deutsche Filme drehten sich nur um Schuld und Angst, das ging doch Jahrzehnte so. Und nun sehen wir einen Film, der zwar den Holocaust thematisiert, aber von Hoffnung und Liebe handelt.»