1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Kino: Kino: Bei Benjamin Button läuft die Uhr rückwärts

Kino Kino: Bei Benjamin Button läuft die Uhr rückwärts

Von Catherine Simon 30.01.2009, 07:34
Daisy (Cate Blanchett) und Benjamin Button (Brad Pitt) fahren im Film «Der seltsame Fall des Benjamin Button» auf einem Motorrad. (FOTO: DPA)
Daisy (Cate Blanchett) und Benjamin Button (Brad Pitt) fahren im Film «Der seltsame Fall des Benjamin Button» auf einem Motorrad. (FOTO: DPA) Warner Bros

Berlin/dpa. - Denn während sie wie alle Menschen älter wird, läuftbei ihm die Uhr rückwärts. In «Der seltsame Fall des Benjamin Button»spielt Brad Pitt einen Mann, der als Greis auf die Welt kommt und imLaufe seines Lebens immer jünger wird. Es ist ein leiser,nachdenklicher und sehr emotionaler Film über Liebe, Verlust, Alterund Tod - und über die Zeit, die unaufhaltsam durch unsere Fingerrinnt. Für die im Februar zu vergebenden Oscars gilt der Film bereitsjetzt als einer der Favoriten.

Benjamin Button kommt im New Orleans des Jahres 1918 auf die Welt.Sein Körper jedoch ist der eines 85-Jährigen. Jeder glaubt, dassdieses runzlige und hässliche kleine Etwas nicht lange leben wird.Seine Mutter stirbt bei der Geburt, der Vater verstößt ihn und setztihn auf den Treppenstufen eines Altersheims aus. Benjamin wächst ineiner Umgebung auf, in der Alter und Tod allgegenwärtig sind. Sofällt es ihm leichter, sich mit den Widrigkeiten des Lebensabzufinden.

Vorlage für den Film war die gleichnamige Erzählung desamerikanischen Schriftstellers F. Scott Fitzgerald aus den 1920er-Jahren. Auf die Idee brachte ihn ein Zitat von Mark Twain: «Das Lebenwürde unendlich viel glücklicher verlaufen, wenn wir mit 80 geborenund uns langsam auf 18 zu bewegen würden.» Die kurze Geschichteentstammt einer Schaffensperiode, die noch von großem Optimismus desKünstlers geprägt war. Seine Botschaft: Jeder hat sein Leben selbstin der Hand. Wenn etwas nicht so läuft, wie man es sich vorgestellthat, ist es trotzdem nie zu spät, neu anzufangen.

Seine große Liebe Daisy lernt Benjamin kennen, als sie noch einMädchen ist. Cate Blanchett («Elizabeth») spielt die atemberaubendschöne, zerbrechliche und doch starke und selbstbewussten Tänzerin,zu der das Kind heranwächst. Benjamin dagegen wird immer jünger undvitaler. Er erlebt seinen ersten Kuss, seine erste Liebe. Im Laufeihres Lebens kreuzen und trennen sich die Wege der beiden mehrfach.Erst als der richtige Zeitpunkt gekommen ist, wird ein Liebespaar ausihnen. Ihre gemeinsame Geschichte ist nur kurz, aber umso intensiver.

Fitzgeralds Kurzgeschichte liegt schon seit mehr als 40 Jahren inder Schublade diverser Filmemacher. Das Projekt galt als nicht zurealisieren. Zu viele Schauspieler schienen nötig, um die Geschichtedieses Mannes glaubhaft zu erzählen. Möglich wurde die Verfilmungerst durch moderne Computertechnik. Mit ihrer Hilfe konnte einDarsteller alle Altersstufen spielen. Brad Pitts Gesicht wurde fürdie Aufnahmen als kleiner, alter Mann beispielsweise einem Körper-Double aufgesetzt. Das Ergebnis ist unglaublich realistisch geworden.Das Gesicht des 45-jährigen Pitt wird immer jünger, sein Körpervitaler, seine Haare voller und seine Haut glatter.

Doch Benjamin kann sich ab einem bestimmten Punkt nicht mehr überdiese neu gewonnene Jugend freuen. Als Daisy ihn fragt, ob er sieauch noch lieben wird, wenn sie alt und runzlig ist, fragt er zurück:«Liebst du mich auch noch, wenn ich Pickel habe?» Jünger zu werden,während alle anderen altern, verdeutlicht ihm die Vergänglichkeit desLebens. Er muss lernen loszulassen, denn alle Menschen die er liebt,treten nur kurz in sein Leben und verlassen ihn wieder.

Regisseur David Fincher verzichtet vollständig auf schnelleSchnitte und hektische Bewegungen. Weite Panorama-Aufnahmen imklassischen Hollywood-Stil prägen den Film. Alle Menschenhinterlassen Spuren in einem Menschen, sagt Fincher. Das Leben sei«eine Ansammlung von Dellen und Kratzern. Sie machen seinePersönlichkeit aus, die ihn von anderen unterscheidet». Pitt nimmtsich für die Rolle des Benjamin Button ungewöhnlich stark zurück. Erhört zu und reagiert auf seine Filmpartner.

Bisher war Regisseur Fincher eher für Thriller wie «Sieben», «TheGame» oder «Fight Club» gebucht. Eine Liebesgeschichte hätte man vonihm nicht unbedingt erwartet. Aber vielleicht gelingt ihm dasKunststück des großen Gefühls, ohne kitschig zu werden, geradedeshalb. Er lässt sich 166 Minuten Zeit, um das Leben diesesungewöhnlichen Mannes zu erzählen. Und diese Zeit darf er sichnehmen. Langweilig wird es nicht.

Benjamin Button (Brad Pitt) in einer Szene von «Der seltsame Fall des Benjamin Button». (FOTO: DPA)
Benjamin Button (Brad Pitt) in einer Szene von «Der seltsame Fall des Benjamin Button». (FOTO: DPA)
Warner Bros