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Kate Bush Kate Bush: Schön, verwirrend und perfekt

Von Andrej Sokolow 01.11.2005, 10:04

Hamburg/dpa. - Der Sound mag vielleicht etwas sanfter und glatter geworden sein als man ihn in Erinnerung hat, und mit 47 wird Kate Bush auch nicht mehr wie früher wild in ausgefallenen Kostümen durch ihre Videos tanzen. Doch dieser Funke rücksichtsloser Verrücktheit, der neben ihr noch so exzentrische Kollegen wie Mainstream-Anpasser aussehen ließ, der ist geblieben.

Die erste CD, «A Sea of Honey», enthält Lieder über Elvis, Jeanne d'Arc, Kates Sohn Bertie, die Zahl Pi, ihre vor mehr als zehn Jahren verstorbene Mutter oder eine geheimnisvolle Mrs. Bartolozzi, mit dem Refrain «Washing Machine» (Waschmaschine). Der zweite Teil, «A Sky of Honey», ist eine Ode an die Natur; die Musik mischt sich mit Vogelgesang. Mit dem klaren, durchsichtigen Klang dürfte «Aerial» eher wie «luftig» denn wie «Antenne» zu übersetzen sein.

Je länger das Schweigen von Kate Bush in den vergangenen Jahren dauerte, desto mysteriöser wurde es. Die Presse verglich sie mit Hollywood-Diva Greta Garbo, Fansites im Internet quollen mit Gerüchten über: Kate war wieder im Studio, die Plattenfirma macht Druck, ein Album kommt vielleicht nächstes Jahr. Dann wurde es wieder nächstes Jahr. Und dann das darauf. «In den letzten Jahren war ich mir oft nicht sicher, ob ich das jemals schaffen würde», gab Bush in einem ihrer wenigen Interviews im «Rolling Stone» zu.

Den Mythos von der besessenen Perfektionistin, die nie fertig werden kann, weil sie immer und immer wieder etwas an der Aufnahme verbessern muss, sucht Bush selbst zu zerstreuen und klingt dabei wie viele berufstätige Eltern. «Alles nimmt so viel Zeit in Anspruch. Ich weiß auch nicht, warum. Die Zeit verpufft einfach», rechtfertigte sie sich im Magazin «Mojo».

Zunächst habe sie einfach eine Pause gebraucht nach dem vorherigen Album «The Red Shoes» und dem dazugehörigen Film «The Line, the Cross & the Curve», den sie jetzt überhaupt nicht mehr mag. Dann wurde ihr heute siebenjähriger Sohn geboren, und seitdem sei sie in erster Linie Mutter und Hausfrau und erst dann Künstlerin. Da kommen auch mal zwölf Jahre zusammen. Die erste Single, «King Of The Mountain» - der Song über Elvis - hatte sie schon 1996 geschrieben.

«Alle fertigen Lieder, die ich gut fand, sind auch auf der Platte», bilanzierte Bush die Arbeit der vergangenen Jahre. Viele mehr habe sie angefangen und nie fertig geschrieben. Einfach hat Kate Bush es sich aber auch vorher schon nicht gemacht. Entdeckt im Alter von 16 Jahren von David Gilmour von Pink Floyd, dem sie eine Demo-Kassette zuschickte, wurde sie von ihrer Plattenfirma EMI zunächst drei Jahre im verborgenen darauf getrimmt, ein Megastar zu werden.

Die erste Single «Wuthering Heights» 1978 war ein Riesenerfolg, in vier Jahren hatte sie vier Alben draußen, Songs wie «Babooshka» oder «Get Out of My House» festigten ihre Reputation als eigenwillige Pop-Sirene, doch schließlich wuchs ihre Unzufriedenheit mit dem Diktat des Geschäfts ins Unerträgliche. Sie schaffte es, sich volle künstlerische Freiheit zu verschaffen und nahm fortan nur noch im eigenen Studio auf.

«The Hounds of Love» wurde 1985 hoch gelobt, ihr Gastauftritt auf «Don't Give Up» von Peter Gabriel wurde ein Welthit, 1989 folgte das Album «The Sensual World», vier Jahre später «The Red Shoes» - und dann nichts. Und jedes Mal, wenn ein besorgter Plattenboss sie besuchte, um sich über Fortschritte zu erkundigen, fuhr er zurück, ohne auch nur einen Takt gehört zu haben, sagt Bush.