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Karriereende Karriereende: Die «Böhsen Onkelz» sagen «Adios»

Von Wilfried Mommert 26.10.2004, 11:11

Berlin/dpa. - Die Drogen und der «Rechtsradikalen-Scheiß», wie es der Sänger Stephan Weidner formulierte, haben die «Böhsen Onkelz» lange Zeit begleitet und ihre Musik überschattet. Jetzt soll endgültig Schluss sein. Mit allem.

Die vielleicht umstrittenste deutsche Hardrock-Band, die kaum weniger erfolgreich als die Ärzte, Rammstein oder die Toten Hosen waren - auch wenn sie dafür keine Unterstützung von Viva oder MTV erhalten haben - hat ihr letztes Album mit dem vielsagenden Titel «Adios Böhse Onkelz» veröffentlicht und in diesen Tagen ihre letzte Tournee beendet. Nach einem letzten großen Abschiedskonzert im Juni 2005 am Lausitzring, das bereits jetzt ausverkauft ist, ist nach 25 Jahren und 18 Alben das Ende angesagt.

«Wir wollen nicht als Rock-Opas enden», meint der 41-jährige Texter, Bassist und Sänger Stephan Weidner in dem der jüngsten CD beigelegten Interview-Teil auf DVD. «Das fällt uns wahnsinnig schwer, das war nicht nur eine Band, sondern Lebensinhalt. Aber unsere Texte und Messages sind altersbegrenzt und haben ein Verfallsdatum.» Abgesehen davon, dass er und seine Mitstreiter Kevin Russell, Peter Schorowsky und Matthias «Gonzo» Röhr, bei denen es auch schon mal intern nicht wenig kriselte, inzwischen alle Familie haben.

Auch für viele Fans waren sie mit Evergreens wie «Erinnerungen», «Finde die Wahrheit», «Mexico» und «Auf gute Freunde» ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens, wie Zuschriften zeigen, auch wenn manchen die Musik der letzten Jahre nicht mehr «trashig» genug war: «Ich höre sie, seit ich Metal höre, also seit 16 Jahren. Ihre Musik und ihre Texte haben mich auch durch schwierige Zeiten begleitet», heißt es da zum Beispiel. «Wir sind gemeinsam einen lang Weg gegangen mit unseren Fans», sagt dazu Weidner. «Man wird gemeinsam groß, man nimmt sich bei der Hand und geht ein Stück des Lebens. Jetzt müssen sie selber sehen, wie sie klar kommen.»

In der Zeitschrift «Metal Hammer» betont Weidner, dass die Gruppe sich von niemandem dreinreden lässt, auch nicht von den Fans. Aber vor den deutschen Gerichten mussten sie dann doch in die Knie gehen, wenn ihnen immer wieder das Etikett «rechtsradikal» angeheftet wurde und sie dagegen klagten. «Die Böhsen Onkelz hatten nie eine Chance, einen Prozess zu gewinnen», meint Weidner. Und von der Presse ganz zu schweigen, mit der sie bis heute auf «Kriegsfuß» stehen. Den Plätzen in den Charts und den ausverkauften Hallen von Dortmund bis zur Berliner Waldbühne hat das nie geschadet.

«Vorbei - schade einerseits, vernünftig andererseits», meint ein Fan. Alles hat seine Zeit. «Die Revolution braucht neue Lieder» singen die Onkelz in ihrem ersten Song «Feuer» im jüngsten und letzten Album. Aber ihr alter Hass auf viele Feinde und ihre alte Lebensgier ist «Immer auf der Suche», wie ein anderer Song darin heißt: «Ich will es wissen und die Nacht ist lang, das wird teuer - Pillen, Pilze, Paranoia.»

Angefangen hatte alles 1980 mit den damals 16- bzw. 17-jährigen Musikern im Keller eines Reihenhauses von Hosbach bei Aschaffenburg. Danach werden sie bald Teil der Skinhead-Szene und erregen Anstoß mit Liedern wie «Türken raus». Das Album «Der nette Mann» kommt 1986 auf den Index wegen «gewaltverherrlichender, pornografischer und nationalsozialistischer Tendenzen». Es gibt Boykotts gegen die Band in den Medien und auch Plattenläden.

Unter ihren Fans sind viele Rechtsradikale, die Songs wie «Bomberpilot» oder «Lieber stehend sterben» mitsingen. Diesen Geruch als «Neo-Nazi-Zündler» werden die Onkelz trotz späterer Distanzierung nie wieder vollständig los. Gleichzeitig werden ihre Texte immer poetischer. 1996 verkauft sich ihr Album «E.I.N.S.» 400 000 Mal und ist auf Platz 3 der Charts, 1998 folgt Platz eins mit «Viva Los Tioz», 2000 mit «Ein böses Märchen». Schließlich werden die Onkelz auch für den Echo nominiert und treten 2003 in Hannover mit den Rolling Stones auf.

www.onkelz.de