Kamikaze-Flieger Kamikaze-Flieger: Im Namen der Ehre
Halle (Saale)/MZ. - "Göttlicher Wind" ist eine geläufige Übersetzung oder auch "Hauch Gottes". Gemeint ist damit ein schwerer Sturm, der das Japan des 13. Jahrhunderts gleich zweimal vor der Invasion der Mongolen bewahrt hat. Im Jahr 1274 machte sich Kublai Khan, ein Enkel Dschingis Khans, daran, das japanische Inselreich zu erobern. Nach nur einem einzigen Tag schwerer Kämpfe, zogen sich die Truppen Kublai Khans über Nacht auf ihre Schiffe zurück. Dort aber wurden sie überrascht von einem Taifun, der etwa ein Drittel ihrer Flotte versenkte. Für die Japaner war das ein "göttlicher Sturm", ein "Kamikaze", der ihnen bewies, dass sie von höheren Mächten beschützt wurden.
Dieser Eindruck verstärkte sich noch, als Kublai Khan sieben Jahre später abermals in der Hakata-Bucht landete, jetzt aber mit einer wesentlich größeren Invasionsflotte als beim ersten Mal. Aber auch dieser zweite Invasionsversuch scheiterte an einem Taifun und zwang sie wieder zurück in ihre Heimat. 80 Prozent der Truppen seien vernichtet worden, sagen historische Quellen.
In Japan ging das Wort "Kamikaze" damit endgültig in die Geschichte ein und wurde fest in der Kultur verankert. Dass wir heutzutage im Westen darunter etwas ganz anderes verstehen, geht auf ein Missverständnis zurück.
Als sich gegen Ende des zweiten Weltkrieges amerikanische Flottenverbände den japanischen Inseln näherten, wurden sie von japanischen Piloten angegriffen, die sich mitsamt ihrer Maschine auf die Schiffe stürzten. Zwar wünschten sich viele Japaner damals den "Kamikaze" herbei, den "göttlichen Sturm", die Selbstmordangriffe auf die feindlichen Schiffe aber wurden so nicht bezeichnet. Das Missverständnis kam dadurch zustande, dass die Begriffe "Kamikaze" und "Shimpuh" mit den gleichen Schriftzeichen dargestellt werden. "Shimpuh" war aber nicht anderes als der Name der ersten Fliegerstaffel, die für diese neue Angriffsart aufgestellt worden war.
Die vollständige Bezeichnung lautet "Shimpuh Tokkoh-tai", wobei der Zusatz "Tokkoh" darauf hindeutet, dass der Tod des Soldaten von vornherein eingeplant wurde. Da gleich der erste Einsatz der neuen Einheit am 25. Oktober 1944 erfolgreich war, und ein Flugzeugträger versenkt werden konnte, wurden die Selbstmordpiloten in Japan bald als Wunderwaffe gehandelt und von der Propaganda wie Helden gefeiert.
Zwar wurden offiziell nur Freiwillige für die Todeskommandos rekrutiert, neuere Forschungen zeichnen allerdings ein anderes Bild. Einige Piloten überlebten, weil sie abgeschossen wurden und notlanden konnten. Von anderen existieren Abschiedsbriefe und Tagebücher. Eine echte freie Entscheidungsmöglichkeit hätten sie niemals gehabt, beklagen viele Piloten, der Gruppenzwang sei enorm gewesen, ebenso wie der Druck durch Vorgesetzte.
Als die amerikanischen Pazifikverbände gegen Kriegsende den japanischen Inseln immer näher kamen, mussten die Kamikaze-Flieger immer öfter improvisieren. Wurden anfangs noch erfahrene Piloten geschickt, flogen bald schon minderjährige Flugschüler auf schrottreifen Maschinen in den Tod, die zudem nur für den Hinflug betankt waren.
Insgesamt starben fast 3 000 Kamikaze-Flieger. Die Amerikaner beziffern heute ihre Verluste durch Kamikaze-Angriffe auf insgesamt 36 Schiffe, u.a. die Flugzeugträger USS Bunker Hill, USS St. Lo und USS Enterprise, sowie etwa zehnmal so viele Schiffe, die beschädigt wurden. Am 16. August 1945 nahm sich der Begründer und Kommandeur der Kamikaze-Einheiten, Vizeadmiral Takijiroh Ohnishi, das Leben. Zuvor bat er die Familien der Piloten um Vergebung.