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Jubiläum Jubiläum: Wolfgang Dauner wird am 30. Dezember 70

Von Ulf Mauder 23.12.2005, 12:26
Der Jazzmusiker Wolfgang Dauner, aufgenommen an seinem Flügel in seinem Studio in Stuttgart (Foto vom 05.10.2005). Am 30.12.2005 wird der Stuttgarter Jazz-Musiker 70 Jahre alt. Wolfgang Dauner hat neben seinen eigenen Klavier-Kompositionen zahlreiche Titel für Film, Fernsehen und Hörfunk komponiert. (Foto: dpa)
Der Jazzmusiker Wolfgang Dauner, aufgenommen an seinem Flügel in seinem Studio in Stuttgart (Foto vom 05.10.2005). Am 30.12.2005 wird der Stuttgarter Jazz-Musiker 70 Jahre alt. Wolfgang Dauner hat neben seinen eigenen Klavier-Kompositionen zahlreiche Titel für Film, Fernsehen und Hörfunk komponiert. (Foto: dpa) dpa

Stuttgart/dpa. - Doch dannentdeckte er Trompete und Synthesizer für sich. «Mich stört dasStarre beim Klavier, dass ich nichts mehr mit dem Ton machen kann,wenn er gespielt ist», sagt er. Dauner hat rund 50 Jahre deutscheJazzgeschichte mitgeschrieben, gilt als versierter Keyboarder undImprovisator. Am 30. Dezember wird er 70 Jahre alt.

Der Schwabe hat große Jazzwerke wie die Oper «Der Urschrei»geschrieben, hat Händels Feuerwerksmusik und andere Klassikerverjazzt. Von seinem leichthändigen Spiel profitierten auch MarikaRöck, Zarah Leander und Lale Andersen auf ihren Tourneen. Sogar inJapan sind seine Stücke heute angesagt. Und er ist erfolgreicherKomponist zahlreicher Filmmusiken.

Anfang 2006 wird Dauner in Stuttgart mit vielen Veranstaltungengeehrt und gibt auch eine Biografie heraus. Darin schreibt der ineinem Arbeiterviertel Aufgewachsene über seine Anfänge als Musiker.Seine leiblichen Eltern hatten den Jungen kurz nach der Geburt einerTante überlassen. Heute hat der Mann mit den zu einem Zopf gebundenengrauen Haaren und Schnauzer selbst eine Tochter, die Künstlerin ist,und einen Sohn, Florian, der bei den Fantastischen Vier spielt.

Neben seiner Lehre als Maschinenschlosser spielte Dauner in den50ern abends in den amerikanischen Militärclubs der Nachkriegszeit.In seinem Buch erzählt er über das von ihm gegründete United Jazz &Rock Ensemble, das Label Mood Records und die Jazz Group desSüddeutschen Rundfunks, die er 15 Jahre leitete. Seit 2004 ist erzudem in der Jury im neuen Jazz Zentrum «Jazz at the Lincoln Center»in New York.

Dauner hat seinen festen Platz in der Jazz-Szene. Das vergangeneJahr brachte ihm allerdings mit dem Tod seines engen Freundes AlbertMangelsdorff und der Flut in New Orleans viel Trauriges. In den 80ernhatten der Mangelsdorff und Dauner bis zum Morgengrauen als Duo inden Jazzkellern gespielt. Hier konnte er seinen Improvisationenfreien Lauf lassen.

In den 50ern kamen die Professoren an der Musikhochschule kaumklar damit, dass jemand auch etwas anderes spielen konnte als Notenvon Blättern. Dauner war beeinflusst von Benny Goodman, LennieTristano, John Coltrane, Sonny Rollins und vielen anderen. Anfang der70er legt er sich einen der damals größten Synthesizer zu. Der Synthi100 von EMS mit 9000 Steckplätzen, so groß wie ein Küchenbuffet,steht noch heute im Keller seines villenähnlichen Hauses im noblenStuttgart Viertel am Kräherwald. Mit dem Gerät hat er damals vieleKinderfilme im Nachmittagsprogramm vertont, mit Geräuschen undverfremdeten Stimmen.

In dem Untergeschoss fügt Dauner nun mit Hilfe von Computern Notenzu Partituren zusammen. Dicke Benutzerbücher stapeln sich in seinerTonwerkstatt. Mit der Technik kommt er klar, doch beklagt er, dassviele Musiker sich heute mit einem Computer gleich für Komponistenhalten. Außerdem würden die öffentlichen Gelder immer weiterzurückgefahren und im Rundfunk gebe es deutlich weniger Live-Mitschnitte von Jazz-Konzerten als in früheren Jahren. «Die Jazz-Musik hat einfach keine Lobby in Deutschland», sagt er. Im Flurseines Hauses hängen für die nächste Session Dutzende Brillen mitdunklen Gläsern in allen Formen und Größen bereit - Dauner will nichtseine Augen, sondern nur Töne sprechen lassen.