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Journalistengespräch Journalistengespräch: Der Inhalt macht das Medium

27.04.2011, 20:29
Auf dem Podium (v.l.): Sven Frommhold, Leiter der Regionalredaktion Mittelsachsen der Freien Presse in Freiberg, Robert Dobschütz, Halleforum.de und Leipziger Internet Zeitung, Moderator Henrik Schmitz, Medienjournalist aus Frankfurt am Main, Isabell Hillmann von Radio mephisto 97.6 und Hartmut Augustin, Chefredakteur der Mitteldeutschen Zeitung. (FOTO: THOMAS MEINICKE)
Auf dem Podium (v.l.): Sven Frommhold, Leiter der Regionalredaktion Mittelsachsen der Freien Presse in Freiberg, Robert Dobschütz, Halleforum.de und Leipziger Internet Zeitung, Moderator Henrik Schmitz, Medienjournalist aus Frankfurt am Main, Isabell Hillmann von Radio mephisto 97.6 und Hartmut Augustin, Chefredakteur der Mitteldeutschen Zeitung. (FOTO: THOMAS MEINICKE)

Halle (Saale)/MZ/STK. - Vater liest nicht am Bildschirm. "Das ist ihm einfach zu unbequem", sagt Sven Frommhold. Eine Chance für die gute alte gedruckte Zeitung? Oder Zeichen dafür, dass mit der Generation der gelernten Zeitungsabonnenten auch die klassischen Nachrichtenmedien sterben? Frommhold, Leiter der Regionalredaktion Mittelsachsen der Freien Presse Chemnitz, will es beim 8. Journalistengespräch der Halleschen Europäischen Journalistenschule für Multimediale Autorschaft Alfred Neven DuMont (HALESMA A.N.D.) an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg positiv sehen. "Das Nutzungsverhalten ändert sich", sagt er, "aber wenn die Menschen in ein bestimmtes Alter kommen, entscheiden sie sich doch für die Zeitung."

Zumindest wenn die, glaubt Hartmut Augustin, Chefredakteur der Mitteldeutschen Zeitung,die Herausforderung annimmt und sich auf das konzentriert, was Zeitung am besten kann. "Internet ist schnell", sagt Augustin, "aber Zeitung kann Hintergründe erklären und einordnen." Entscheidend sei, ist er sicher, nicht das Medium, über das eine Nachricht zum Leser komme. "Wichtig ist die Qualität."

Ein Punkt, in dem auch Robert Dobschütz von der Leipziger Internetzeitung LiZ und Isabell Hillmann vom Studentenradio Mephisto mit den Vertretern der klassischen Zeitungshäuser einig sind. Dobschütz allerdings legt Wert auf die Feststellung, dass guter, kritischer Journalismus auch im Netz möglich sei. Während das Halle-Forum, für das Dobschütz an diesem Abend auch spricht, lange Zeit fast ausschließlich vom Mitmachen der Leser gelebt habe, sei sein Portal von Anfang an mit dem Anspruch angetreten, Journalismus zu liefern. "Hintergründe erklären, investigativ sein, Grafiken anbieten, das können wir auch alles."

Die große Frage, die sich alle Diskutanten im prallvollen halleschen Puppentheater stellen müssen, ist jedoch, wie sich journalistische Leistungen im Zeitalter von Facebook, Twitter und Bürgerblogs finanzieren lässt. "Das Medium ist im Wandel", beschreibt Moderator Henrik Schmitz. Niemand wisse so genau, wo die Reise hingehe. Wenn er auf Nachrichtenseiten schaue, welche Meldungen am gefragesten seien, sehe er vor allem Unfälle und Kriminalität. "Das sieht nicht so aus, als wollten sich die Leser da Hintergründe erklären lassen."

Hier liege die Chance für kritischen, investigativen Journalismus, betont Augustin, der auch die Frage nach dem lokalen Anspruch seiner Zeitung beantwortet. "Lokal ist nicht, zu melden, wenn drei Straßen weiter eine Mülltonne umgefallen ist, lokal ist, die spannendste Geschichte aus dem Verbreitungsgebiet so aufzubereiten, dass sie alle interessiert."

Da nickt die Generation 2.0 im Saal, die über Handy und iPad einen beständigen Strom an Twitter-Nachrichten auf eine Leinwand werfen. "Sie haben noch nicht einmal eine Anwendung, mit der Ihre Internetseite mobil abrufbar ist", kritisiert Dobschütz seinen Kollegen Frommhold von der Freien Presse. "Kommen Sie mal nach Rechenberg-Bienmühle, da haben Sie gar kein Netz", kontert der. Die ganze Diskussion um Lokaljournalismus 2.0, selbst wenn man sie als eine Chiffre für die Neuerfindung des Lokaljournalismus verstehen wolle, sei "eine Worthülse", ruft es aus dem Saal. "Der Wechsel ist aber kaum aufzuhalten", glaubt Internet-Zeitungsmann Dobschütz. Es gehe immer noch um den Dialog mit den Lesern und um Lesernähe, sagt Hartmut Augustin, der die Regionalzeitung auf dem Weg zu einem "täglichen Magazin" sieht. Auch die klassischen Zeitungshäuser setzten mehr und mehr auf mobile Reporter und multimediale Aufbereitung. Die Wette darum, ob die klassische Zeitung in zehn Jahren noch ihre heutige Bedeutung haben wird, die Dobschütz am Ende anbietet, nimmt Augustin gern an.