Johannes Heesters Johannes Heesters: «Ich will noch zehn Jahre leben»

Berlin/dpa. - Den «nur» 100 Jahre alt gewordenen Bob Hope hat Johannes Heesters als ältester aktiver Schauspieler der Welt längsthinter sich gelassen. Am Dienstag (5. Dezember) feiert die lebende Legende aus alten Ufa- und seligen Operetten-Zeiten den 103. Geburtstag - und ist noch immer «auf Achse» und hat noch viel vor. Zum Geburtstag stand eine Gala im Wiener Konzerthaus auf dem Programm. Vor allem zieht es Heesters seit einiger Zeit wieder verstärkt nach Berlin, in die Stadt seiner frühen Triumphe.
Ausruhen will «Jopie» als «altes Zirkuspferd» jedenfalls nochlange nicht, ganz nach den ungeschriebenen Gesetzen der Showbranche zieht es ihn immer noch in die Arena («Ich habe den ersten Applaus noch in den Ohren»). Heesters, dessen Paraderolle der Graf Danilo aus der «Lustigen Witwe» («meine Lebensgefährtin») wurde, will «noch zehn Jahre leben» und «ein paar spannende Sachen erleben - ich würde mich sehr freuen». Und in Berlin meinte er dieser Tage bei einem seiner vielen Auftritte in der Hauptstadt: «Ich fühle mich nicht wie 103,nur wie 100! Kann man hier übrigens rauchen?»
Der am 5. Dezember 1903 im niederländischen Amersfoort geboreneKaufmannssohn Johan Marius Nicolaas Heesters hat Generationen vonweiblichen Verehrern als singender Charmeur und lebensfroher Gigolomit Frack, weißem Seidenschal, Nelke im Knopfloch und demChampagnerglas in der Hand ins Pariser Maxim locken wollen. EinMillionenpublikum lag dem unverschämt gut aussehenden«Backfischidol», wie das damals hieß, seit seinem ersten Auftreten1934 in Wien und ein Jahr später in Berlin zu Füßen.
Auch in seinem 103. Lebensjahr hat er an der Seite seiner 46 Jahrejüngeren Frau Simone Rethel-Heesters viel dafür getan, damit es inseinem Leben nicht langweilig wird. Es grenzte an ein kleinesMarathon-Programm. Aber so ähnlich war wohl auch sein ganzes Leben.«Ich habe eine wunderbare Karriere erlebt.» Auch wenn die Augen nichtmehr richtig mitmachen und das Gehen schwer fällt, die Stimme ist sokräftig wie früher und das Gedächtnis lässt Heesters nicht im Stich:«Wenn das Publikum mir treu bleibt, arbeite ich weiter.»
Da gab es in diesem Jahr nächtliche Auftritte im BerlinerAdmiralspalast, den er wiedereröffnete («Sind Sie schon müde oder soll ich noch was singen?»), Fernsehshows, Buchvorstellungen («Ein Mensch und ein Jahrhundert») und Ausstellungseröffnungen. Vor dem Berliner Friedrichstadtpalast durfte er sich mit seinem Händeabdruck und dem stolzen Ausruf «Ich bin noch da!» in den «Walk of Fame» (Ruhmesweg) verewigen.
Und natürlich gibt es Pläne - als Nächstes eine «beswingte»dreitägige «Weihnachtsgala» (20.-22. Dezember) mit der SchauspielerinKatja Riemann als Jazzsängerin und einem Tanzorchester unter demMotto «Stars go Swing», wieder im Admiralspalast, wohin es den amStarnberger See lebenden Star immer wieder zieht, wo Graf Danilo oderder «Bettelstudent» aus Holland schon vor über 60 Jahren umschwärmtwurde und «manch' zarte Bande» knüpfte.
Die Berliner Akademie der Künste, die sein künstlerisches Archivübernommen hat, zeigte in diesem Jahr eine große Heesters-Dokumentationsausstellung, die ebenso wie der zum Geburtstagerschienene fast drei Kilo schwere Bildband mit 1500 Fotos(Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag) nicht nur «die strahlenden Seitenseines Lebens» zeigte, sondern auch den Tag, an dem Heesters im Mai1941 das KZ Dachau besuchte. Heesters bestritt immer, dort auchaufgetreten zu sein.
Dass Heesters Hitlers Lieblingsschauspieler und auch einer derfleißigsten Stars in den deutschen «Ablenkungsfilmen» in Nazi-Deutschland war, während Hitlers Truppen sein Heimatland besetzten,ist ihm später von seinen niederländischen Landsleuten verübeltworden. Dabei ist dem Schauspieler, der als «dekadenter Dandy» allesandere als das typische Männlichkeitsideal der Nazis verkörperte, eineher distanziertes Verhältnis zum Nationalsozialismus nachgesagtworden. «Seine Waffen waren der Rosenstrauß und das Champagnerglas,in dem die Lebenslust perlte», schreibt Hellmuth Karasek in seinemVorwort zu der Heesters-Biografie von Jürgen Trimborn (Aufbau -Verlag).
«Ich habe mein Leben gelebt und habe mich stets bemüht, denWeg gerade zu gehen», heißt es in einem der neueren Lieder vonJohannes Heesters. «Ich danke Gott für all die schönen Jahre» lauterder Titel seiner neuesten CD-Single, und mit seinem Landsmann HeinSimons (Heintje) besingt er «Bunte Tulpen».