1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Jennifer Rostock: Jennifer Rostock: Schlaflos und vegan

Jennifer Rostock Jennifer Rostock: Schlaflos und vegan

Von Ole Krüger 20.01.2014, 18:10
Das neue Album von Jennifer Rostock: "Schlaflos"
Das neue Album von Jennifer Rostock: "Schlaflos" Warner Music Lizenz

halle (saale)/MZ - Das erste Liebeslied, viel Gefühl und wenig Kompromisse. Das neue Album von Jennifer Rostock heißt „Schlaflos“ und ist nicht nur so gemeint, sondern hört sich auch so an. Eine ruhelose Nacht und was aus ihr geworden ist. So jedenfalls sieht es die Band selbst. Und das hört man auch.

Kein Song wie der andere, jeder hat seine eigene Musik, seinen eigenen Rhythmus. Nichts ist wie zuvor und es scheint, die Band sei irgendwie angekommen. Man weiß nur nicht so richtig wo, denn andererseits scheinen Sängerin Jennifer Weist & Co. auch immer noch auf der Suche nach dem eigenen Stil zu sein. Das hört sich im ersten Moment ungewohnt an, beim zweiten Mal aber schon nicht mehr ganz so sehr.

„Schlaflos“, vorproduziert in Hannover und abgemischt in New Jersey, ist auf alle Fälle eins: Ungleich allen anderen vorhergehenden Alben. Natürlich, die Stimme von Jennifer Weist kennzeichnet immer noch den Sound. Aber die Texte sind reifer, mutiger. Die Musik wird so manchen Zweifler überzeugen und die Fans süchtig machen. Was außerdem überzeugt sind die Themen. Die Liebe, das Leben, das Überleben. Die Musik, der Suff und andere Drogen, die Fans und solche, die es nicht wirklich sind. Sehr angenehm gegenüber so manchen aufgesetzt politisch, gewollt oder ungewollt verkrampften Songs der Vergangenheit, als Jennifer Rostock ihre Fans aufgefordert hatten, nicht mehr in T-Shirts von den Böhsen Onkelz und Freiwild zu Konzerten zu erscheinen.

Entkrampfter und wortgewandter

Zu viele Statements, zu wenig Musik. Das war für viele das Problem bei den sonst so coolen und auch sehr sympathischen jungen Leuten und, das darf und muss man auch mal sagen, hervorragenden Musikern. Jennifer Rostock, die nicht aus Rostock, sondern von der Insel Usedom kommen, meldeten sich immer gern zu Wort, wenn es gegen rechts und für den Fortschritt ging. Zu oft, fand mancher.

Und natürlich kann die Band auch dieses Mal nicht auf Statements verzichten. Jedoch passiert das Ganze etwas entkrampfter und wortgewandter wie in „Ein Herz und eine Kehle“, das auf Zustände in Russland anspielt.

"Du nimmst mir die Angst" als Liebeserklärung

Selten zuvor wurde seitens der Band so haarscharf gedichtet, so feinsinnig komponiert. „Du hast zum Äußersten gegriffen und mein Innerstes erreicht“, heißt es da im ersten wirklichen Liebeslied der Band „Du nimmst mir die Angst“. Keyboarder Johannes Walter wollte so ausdrücken, wie sehr er verliebt ist. „Aber eben mit anderen Worten als immer wieder dieses eine ,Ich liebe Dich‘“, sagt er. „Da schien mir ein ,Du nimmst mir die Angst‘ als Liebeserklärung sinnvoller.“

In den anderen Songs des vierten Albums im siebten Jahr der Band geht es dann aber nicht mehr um die Liebe, auch ausnahmsweise nicht um Politik. Keine Statements zu nichts. Stattdessen verstreute Lyrik, die nachdenklich macht. „Wo’s juckt, darf man nicht kratzen, ich hab auf etlichen Matratzen nach dir gesucht, umsonst geliebt. Stadt, Land über Fluss. Wir nehm’n den letzten Bus. Und die Übelkeit in Kauf“, heißt es in „Phantombild“, Titel zwei des Albums und erste Single.

Musiker-Kollegen und Musikindustrie aufs Korn genommen

„Kein Bock aber Gästeliste“ nimmt dann all jene aufs Korn, die nur „in“ sind, wenn sie „drin“ sind. Und dabei geht’s auch um die Musiker-Kollegen und die Musikindustrie. Die doch nur funktioniert, wenn man „Songs macht, die auch ins Radio passen. Allerdings machen wir uns nichts daraus“, sagt Jennifer Weist und man nimmt es der unübersehbar tätowierten Frontfrau sofort ab.

Was fehlt, ist vielleicht ein bisschen mehr Fleisch in der Mitte und ein bisschen weniger Gemüse drumherum. Aber das kann ja noch kommen und ist vielleicht ein bisschen zu viel verlangt. Von vegan lebenden Musikern.

Direkt zur Band: www.jenniferrostock.de