Jeanette Biedermann gibt sich elektrolastig
Hamburg/dpa. - Hamburg - Stilwechsel bei Pop- und Telenovela-Dame Jeanette Biedermann: Nach Rock-Pop mit viel Gitarrenriffs gibt sich die Berliners Sängerin und Schauspielerin im neuen Album «Undress To The Beat» (etwa: Ausziehen im Takt) elektrolastig.
«Es ist das siebte Album, und da fragt man sich schon "was mach ich jetzt, mach ich so weiter wie bisher, oder mach ich wirklich was ganz anderes"», sagt die 28-Jährige.
Die erste Single, unter dem gleichen Titel wie das gesamte Werk, ist gut eingeschlagen. Sie landete mit Anhieb auf Platz sechs der deutschen Charts. Drei Jahre nach dem Album «Naked Truth» (Nackte Wahrheit) geht es wieder, wie auch schon früher, sehr körperbetont zu. Wenn auch mit einer völlig anderen Musikrichtung. Biedermann sagt im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa, dass sie mit «Undress To The Beat» nicht eine plakative Aufforderung verbinde - «wer das so versteht, soll das gerne tun». Es gehe ihr vielmehr um ein Gefühl, das sie «rüberbringen» wolle. «Man feiert, man ist losgelöst, man wirft alles von sich.»
Im Video räkelt sich Biedermann nur mit Körperfarbe bemalt im Schwarzlicht. Der unterschwelligen sexuellen Botschaft ihrer Songs ist sich die 29-Jährige durchaus bewusst: «Das ist doch unser Urtrieb, dem ordnet sich alles andere unter. Sexualität und Liebe, das sind die größten Gefühle, die wir Menschen haben.»
Um große Gefühle drehen sich auch die anderen Songs des Albums, so «No Rules». Keine Regeln gebe es, die nicht gebrochen werden können, heißt es dort. «Da ist ein Teufel, tief in mir», singt Biedermann weiter - auf ihrem Album geht es auch darum, ob die eigenen Emotionen gezügelt werden können.
«Ich hätte auch gerne eine Blues- oder eine Big-Band-Platte gemacht», sagt Biedermann. «Ich wollte meinem Inneren die Möglichkeit geben, einen Teil davon loszuwerden, was da an tausend Farben in mir ist.» Das changiert zwischen traurigen Momenten im balladenhaften «Teach Me How To Say Good-Bye» und dem fordernden «Chasing A Thrill».
«Wild At That» steigt mit einem Stimm-Verzerrer ein, der an die französische Band Daft Punk erinnert (die ja gerade erst in den USA gezeigt haben, dass härterer Disco-Pop immer wieder schwer angesagt ist). Doch gerade in diesem Lied schimmert auch noch die Jeanette Biedermann durch, wie es sie schon lange gibt - sehr eingängige und harmonische Refrains, die Ecken und Kanten sind nicht zu scharf.
Beim Stilwechsel geholfen haben Biedermann unter anderem Produzenten wie die Schweden von Vacuum, die auch schon für Monrose tätig waren. Biedermann sagt, sie möge «sehr gerne Elektro, abgefahrene Beats und Sounds.» Das Album solle nichts ausschließen. «Chillig», «psychedelisch», so beschreibt die Berlinerin ihre Songs. Doch so wenig sie sich selbst festlegen will, desto schwieriger ist es dann auch, einige Songs nicht für austauschbar zu halten.
Mit einem gold-glitzernden Hauch von Nichts posiert die zierliche Jeanette Biedermann beim Interviewtermin für den Fotografen. Das glamouröse und erotisch angehauchte Disco-Bild bedient sie auch in ihren Songs. Ist das die wirkliche Jeanette Biedermann? Oder ist sie es nur gegenwärtig? Ob ihr 180-Grad-Dreh nachvollzogen werden kann, bleibt abzuwarten. «Ich bin nicht so ein Zahlenfreak», sagt sie auf die Frage, welchen Erfolg sie sich für das Album wünsche. Sie schaue lieber im Internet und anderswo, wie die «Resonanz» der Hörer ausfalle.