Ivan Klima Ivan Klima: Unbequemer Chronist feiert seinen 75. Geburtstag

Prag/dpa. - Die Biografiedes tschechischen Autors, der an diesem Donnerstag (14. September) 75Jahre alt wird, spiegelt die politischen Zeitläufe Mitteleuropas.«Wer als Kind im KZ war, geht vermutlich ein bisschen anders durchdas Leben», kommentiert Klima dies selbst: «Wie eine Schnur lässtsich das Leben durchtrennen - so lautete für mich als Kind dietägliche Lektion.»
In den vergangenen Jahrzehnten erwarb sich der Prager eher in denUSA und in Deutschland als in Tschechien einen bedeutenden Ruf alsErzähler, was vor allem am kommunistischen Regime an der Moldau lag.Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte Klima durchaus Sympathie für die KP-Genossen. Da wurde er wegen seines Stücks «Ein Schloss» schon als«Erneuerer des tschechischen Dramas» gefeiert. Doch 1967 warf er demRegime in einer mutigen öffentlichen Rede Machtmissbrauch vor, woraufer aus der Partei ausgeschlossen wurde und nach der Niederschlagungder Reformbewegung «Prager Frühling» in die USA ging.
Für viele überraschend kehrte er 1970 nach Prag zurück, um alsSchriftsteller zu arbeiten. Klima musste aber im Auslandveröffentlichen, da er bis 1989 in der Tschechoslowakei mitPublikationsverbot belegt war. Seinen Lebensunterhalt verdiente ersich vor der politischen Wende unter anderem als Autor vonTrickfilmen und als Vermesser. An diese Tätigkeit erinnert ein Bildin seiner Wohnung, das den von ihm geschätzten Erzähler Franz Kafka(1883-1924) als Landvermesser zeigt. Drei Jahre seiner Kindheit warKlima im böhmischen Getto Theresienstadt (Terezin) interniert, seinVerhältnis zu Deutschland nennt er trotzdem «unverkrampft».
Deutlich wurde dies bei der Diskussion über die Mitgliedschaft vonGünter Grass in der Waffen-SS. Als sich im tschechischen PEN-ClubStimmen regten, Grass eine Prager Auszeichnung abzuerkennen, rietKlima seinen Autorenkollegen nur: «Geht darauf nicht ein, das isteine Dummheit.» Die Ära des politischen Systemwechsels hat er 1993 indem Buch «Warten auf Dunkelheit, Warten auf Licht» zu beschreibenversucht. Die Reaktion auf den Roman könnte als Spiegel seinerKarriere dienen: Während in Deutschland Klimas «modefestesErzählhandwerk» gelobt wurde, bemerkten tschechische Blätterschlicht, das Buch sei offenbar «eher für den Export geschrieben».
Wohl vor allem wegen der Qual im KZ beschäftige er sich«leidenschaftlich mit dem Thema Gerechtigkeit», betont Klima: «Diedaraus erwachsenden Themen haben dank des Schicksals meines Landesnichts an Aktualität eingebüßt.» Entgegen des oft von Prager Medienverbreiteten Klischees, er habe resigniert, sehe er sich selbst alsOptimist: «Wer wiederholt zum Tode verurteilt wurde und überlebte,leidet entweder sein Leben lang an Paranoia oder an der durch dieVernunft keineswegs bestätigten Gewissheit, dass man alles überlebenkann und sich letzten Endes alles zum Guten wendet.»