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Interview mit Roland Kaiser Interview mit Roland Kaiser: Braver Herzensbrecher

25.07.2014, 09:44
Roland Kaiser lässt seine Zuhörer gern verbotene Träume erleben.
Roland Kaiser lässt seine Zuhörer gern verbotene Träume erleben.  Agentur Lizenz

Halle (Saale) - Roland Kaiser ist Kult. Regelmäßig versetzt der 62-Jährige sein vorwiegend junges Publikum bei seinen Konzerten in einen Freudentaumel. Höhepunkt seiner anstehenden Open-air-Tournee wird die „Kaisermania“ im August, wenn mehrere zehntausend Fans in Dresden erwartet werden. Doch Kaiser, einer der erfolgreichsten Schlagerstars des Landes, plant langfristig. Im nächsten Jahr geht er mit Liedern seiner druckfrischen CD „Seelenbahnen“ und Hits wie „Santa Maria“ und „Joana“ auf Tour. Die führt ihn am 27.?April in die Leipzig-Arena und am 11.?Mai in die hallesche Händel-Halle. Über die musikalischen Neuanfänge hat Roland Kaiser mit MZ-Mitarbeiterin Kornelia Noack gesprochen.

Herr Kaiser, Sie wurden einmal als „Meister der schwülen Erotik“ bezeichnet und haben in der Branche wie kaum ein anderer das Image eines Herzensbrechers....

Kaiser: Ja, finden Sie?

Unbedingt! In Ihre Konzerte kommen Frauen jeden Alters. Wie schafft man sowas?

Kaiser: Ich empfinde mich absolut nicht als Herzensbrecher. Ich bin ein normaler Mann, der in seinem Leben Dinge erlebt wie jeder andere, und ein normaler Familienvater. An so einem Image kann man auch nicht arbeiten. Natürlich ging es, als ich Anfang der 80er Jahre angefangen habe, auch darum, wie man sich präsentieren will. Ich habe mich entschieden, normale Anzüge zu tragen, die möglichst gut sitzen, und damit war das Thema erledigt. So ist es bis heute geblieben. Ich bin kein schillernder Mensch.

Ein bisschen selbst auf die Schippe nimmt sich Roland Kaiser zu seinem 40-jährigen Bühnenjubiläum. Für seine angekündigten Open-air-Konzerte hat er tief in den Fotokisten gekramt und überrascht seine Fans mit Bildern seiner Karriere auf der Leinwand. „Ich zeige lustige Fotos aus der Vergangenheit. Man muss es ja nicht zu sehr dramatisieren, dass ich 40 Jahre auf der Bühne stehe“, meint Kaiser. Dazu präsentiert er die größten Hits seiner Karriere in teilweise neuem musikalischen Gewand.

Höhepunkt wird die „Kaisermania“ am Elbufer in Dresden am 1., 2. und 9. August. Alle drei Konzerte sind ausverkauft. Kurzentschlossene können also nur noch vor Ort ihr Glück versuchen, eine Eintrittskarte zu erhaschen. Wer ein bisschen Fahrzeit in Kauf nimmt, kann Roland Kaiser unter anderem auch am 8. August in Spremberg bei Cottbus oder am 22. August in Wittenberge (Prignitz) erleben.

Alle Termine und Karten: www.eventim.de

In mehr als 20 Städten stellt Roland Kaiser seine CD „Seelenbahnen“ 2015 vor - so auch am 11. Mai in der Händel-Halle in Halle, am 27. April in der Arena Leipzig und am 9. Mai in der O2 -World in Berlin.

Karten gibt es bei TiM-Ticket unter Telefon 0345/202 97 71

Sie besingen Zweierbeziehungen in allen Facetten. Sind Sie mittlerweile Experte in Sachen Herzensdinge und geben Freunden auch schon mal Rat in Sachen Liebe?

Kaiser: (lacht) Ich bin wirklich der Letzte, der das tun sollte. Ich bin zum dritten Mal verheiratet! Aber 90 Prozent der Weltliteratur haben dieses Thema zum Inhalt, denn unsere Motivation basiert ja auf der Suche danach, wie es zwischen Mann und Frau oder überhaupt zwischen Liebenden funktionieren kann. Da gibt es keine schlüssige Antwort. Ich habe sie nicht und kein anderer hat sie.

Bekommen Sie heute noch Liebesbriefe von Ihren weiblichen Fans?

Kaiser: Nein. Aber es gibt viele, die noch von der ach so wilden Zeit damals reden, frei nach dem Motto: Der Kaiser kam gar nicht ins Zimmer, so viele Frauen waren drin und keine ließ ihn wieder raus. Das ist ja Blödsinn. Es müssen immer beide wollen, dass so etwas funktioniert und passiert.

Auf der nächsten Seite erfahren Sie mehr über das neue Album "Seelebenbahnen".

Ihr neues Album heißt „Seelenbahnen“. Ist das Ihre Wortschöpfung?

Kaiser: Nein. Als ich das Lied angeboten bekam, hab ich erst einmal im Duden und im Internet nachgeschaut, ob es das Wort schon gibt. Ich bin nicht fündig geworden. Es ist eine Wortschöpfung von Kath-leen Oesterreich. Sie hat das Lied gemeinsam mit einem Musiker aus Rostock geschrieben. Er war Pianist in einer Hotelbar, als er mich nach einem Konzert angesprochen hat, ob er mir etwas vorspielen dürfte. Heraus kam dieses Lied. Es ist ein tolles Wortspiel und eine schöne Bezeichnung für ein Album. Seelenbahnen sind für mich Zeichen im Gesicht, auf der Seele. Wir alle erleben ja nicht nur Positives, sondern Höhen und Tiefen. Scherzhaft bezeichne ich das Lied auch als eine Art Antibotoxsong. Ich liebe es, wenn Gesichter Geschichten erzählen können und man sie nicht glattspritzt.

Eigentlich ist Seelenbahnen auch ein sehr schönes Wort für Falten.

Kaiser: Ja genau, für Lachfalten oder aber für Falten der Trauer.

Haben Sie bestimmte Seelenbahnen, auf die Sie besonders stolz sind?

Kaiser: Wer kann auf sein Leben stolz sein? Ich vermag das nicht. Ich kann mit meinem Leben klarkommen und mich damit identifizieren, aber ein Leben hat ja viele Facetten, negative und positive. Stolz zu sein gelingt mir manchmal nur bei meinen Kindern.

Ein neuer Titel heißt „Ich bereue nichts“. Würden Sie Ihr Leben noch einmal genauso leben wollen?

Kaiser: Ja klar! Es war alles in Ordnung so. Wäre es das nicht, würde ich jetzt nicht mit Ihnen reden können. Dann hätte ich versagt unterwegs oder es hätte nicht gereicht. Nein, es ist alles okay so wie es ist.

Sechs Ihrer neuen Titel stammen aus der Feder von Maite Kelly. Wie kam es zur Zusammenarbeit?

Kaiser: Sie hat ein Konzert von mir besucht und danach zu mir gesagt: Du machst die falsche Musik...

Hat Sie das getroffen?

Kaiser: Nein, überhaupt nicht. Ich bin ja offen für Kritik. Ich habe lange mit ihr zusammengesessen. Sie sagte zu mir: Im Moment machst du Musik für den Kopf und nicht für den Bauch der Menschen. Du musst Musik machen, die mich als Frau dazu bringt, dich hören zu wollen. Dann bat ich sie, mir ein paar Lieder zu schreiben, was sie mit ihrem Partner Götz von Sydow gemacht hat. Die Texte haben mich alle begeistert. Auch wenn sie mir zwei Sachen geschrieben hat, die ich früher nie gesungen hätte, etwa über Männer und das Müllrausbringen. Das war für mich unvorstellbar. Und dennoch geht das. Sie hat eine andere Sichtweise als ich und ist weit genug weg. Das hat mir weitergeholfen.

Auch mit Till Lindemann, dem Sänger von Rammstein, haben Sie zusammengearbeitet.

Kaiser: Mit Till bin ich privat sehr gut befreundet. Wir wollten unbedingt was zusammen machen, aber uns war klar, wenn wir gemeinsam eine Bühne betreten, ist es eine große Verbiegung für beide Richtungen. Am Ende hat Till mir den großartigen Text für das Lied „Ich weiß alles“ geschrieben.

Über Kaisers musikalischen Neuanfang und seine Schauspielambitionen lesen Sie mehr auf Seite 3.

Ihre CD ist ein Mix aus bewährten Roland-Kaiser-Geschichten und modernem Sound. Dazu neue Autoren. Erfinden Sie sich gerade neu?

Kaiser: Nein, aber ich versuche, die Leute mitzunehmen, die neuen Klänge und Hörgewohnheiten zu treffen und die Sprache. Reden Sie mit einer Tochter, die 15 ist, dann werden Sie merken, dass Sie im Wald sind, wenn Sie bei Ihrer Sprache bleiben. Da kann man von der jungen Generation eine Menge lernen. Ich bin in meiner Wortwahl manchmal ziemlich von gestern und dann kultiviere ich das im Umgang mit meinen Kindern, um sie ein bisschen zu ärgern. So wie sie mich ärgern wollen mit ihrer Sprache. Natürlich nur im Scherz. Aber es ist schon interessant mitzukriegen, wie schnell die Sprache geworden ist und wie umständlich wir manchmal sprechen können, wobei mich das auch reizt.

Stimmt es, dass Sie Ihre Band mit ins Studio genommen haben und Ihre CD live eingespielt wurde?

Kaiser: Ja. Um es ganz profan auszudrücken: Ich wollte mal wieder Menschen im Studio spielen sehen und das Gefühl handgemachter Musik haben. Manchmal denke ich, dass die Menschen das auch spüren. Dementsprechend ist auch die Qualität des Sounds geworden. Meine Partner sollten es so aufnehmen und mischen, dass es auch durchaus hätte sein können, dass danach Katy Perry singt oder Miley Cyrus. Und das haben sie genauso hingekriegt.

Sie sind sozial sehr engagiert und werben für die SPD. Wieso sind Ihre Texten dann so wenig kritisch?

Kaiser: Stellen Sie sich vor, ich wäre Berufspilot und würde mitten im Flug anfangen, mit den Leuten im Tower über politische Entwicklungen zu reden. Dann würde man mir sagen, ich hätte meinen Job verfehlt. Ich bin ein Unterhaltungskünstler und dafür zuständig, dass die Menschen nach einem Konzert mit einem guten Gefühl nach Hause gehen. Ich muss mit ihnen keine politischen Diskussionen führen. Und ich glaube auch nicht, dass ein 3- oder 4-Minuten-Lied in Reimform politische oder soziale Probleme lösen kann. Ich trenne das ganz strikt. Und meine sozialen und politischen Partner finden das gut so.

Werden wir Sie nach Ihrem Schauspiel-Debüt im „Tatort Münster“ bald wieder vor der Filmkamera sehen?

Kaiser: Ich bleibe dabei: Ich war Mitwirkender ohne störende Außenwirkung. Ich habe einen Sänger mit einem fragwürdigen Charakter gemimt. Es hat mir großen Spaß gemacht, ein bisschen Distanz zu mir selber aufzubauen und das Ganze etwas ironisch auf die Schippe zu nehmen. Hätte ich aber zum Beispiel einen Menschen spielen müssen, der um ein Familienmitglied trauert, wäre ich kläglich gescheitert. Ich würde mir nie anmaßen zu glauben, ich könnte Schauspieler sein. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, aber es wird ein einmaliger Ausflug bleiben.

Ich muss Sie das einfach fragen...Ihre farbigen Westen und Einstecktücher sind mittlerweile ja schon fast ein Markenzeichen geworden....

Kaiser: Ja, meine Anzüge sind alle maßgeschneidert. Und mit dem Einstecktuch, das ist auch wieder so ein altes Ding. Ich finde ja, ein Herr ist erst komplett, wenn ein Einstecktuch dabei ist. (mz)