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Interview Interview: Georg Danzer - Einzelgänger und spießiger Typ

Von Irmgard Schmidmaier 19.12.2006, 10:26
Der Musiker Georg Danzer spricht im Interview mit dem Wiener Journalisten Christian Seiler ganz offen über seine Karriere und sein Leben. Das Interviewband erscheint unter dem Namen: "Jetzt oder nie. Im Gespräch mit Christian Seiler". (Foto: dpa)
Der Musiker Georg Danzer spricht im Interview mit dem Wiener Journalisten Christian Seiler ganz offen über seine Karriere und sein Leben. Das Interviewband erscheint unter dem Namen: "Jetzt oder nie. Im Gespräch mit Christian Seiler". (Foto: dpa) dpa

Wien/dpa. - Seine Karriere schillert in vielen Farben: Er warPoet und Liedermacher, wollte Rock'n'Roller sein und begeisterte mitösterreichischen Wortwitz; er kannte die größten Erfolge und dentiefen Absturz. Georg Danzer gehörte mit Wolfgang Ambros und RainhardFendrich zu jenen Musikern, die den «Austropop» über die Grenzenhinweg populär machten und mit Hits wie «Jö schau» über den«Nackerten im Hawelka» auch in Deutschland ein begeistertes, treuesPublikum fand. In einem Interviewband spricht der Musiker nun übersich selbst, seine Karriere, seine Krebs-Diagnose und darüber, dasser lieber «guter Mensch» als Zyniker ist.

Zu seinem 60. Geburtstag im Oktober stellte er sein 40. Album vorund balanciert erneut virtuos auf dem dünnen Grat zwischen skurrilenGeschichten und Tragik. Im Rückblick sieht sich der erfolgreicheMusiker jedoch als «Spätzünder», der zwei Mal eingeschult wurde, dembeim ersten Joint mit 17 Jahren einfach nur schlecht wurde und dersein Abitur gerade so bestand: «Mein Zeugnis war eine Ansammlung vonGenügends», gibt er zu, «ich war ein fauler Hund». Gleichzeitigverzichtet er aber darauf, sich zum Leistungsverweigerer auspurem Revoluzzertum zu stilisieren.

Ehrlich tritt dem Leser dieser Danzer entgegen, geradlinig undaugenzwinkernd abgeklärt, mit dem gewohnten Schmäh der subtilen Art.Im offenen, sehr direkten Gespräch mit dem Wiener JournalistenChristian Seiler zeigt sich ein erfolgreicher Künstler, der es nichtnötig hat, Heldenlegenden zu basteln oder stets auf seine Erfolge zuverweisen. Als Kind beschreibt er sich als introvertiert, als«besserwisserisch», als «Einzelgänger mit Leib und Seele» - undleidenschaftlicher Leser.

Auf die schnelle Zeit seines großen Erfolgs in den 1980er Jahrenblickt er mit gemischten Gefühlen zurück. Er schildert dieGenugtuung, endlich ganz oben zu sein, um wenig später mit demHitlieferanten Danzer ins Gericht zu gehen, der bemüht war, «es einemPublikum recht zu machen»: «In Wirklichkeit war ich ja ein ganzbraver, spießiger Typ».

Danzer steht zu einer Haltung, die in Zeiten des abgeklärtenZynismus unpopulär klingt: «Ich bin sicher kein Zyniker», wehrt erab, und findet «Gutmensch» ein «beschissenes Wort». Ohne konkretenreligiösen Hintergrund hat für ihn jeder Mensch eine Bestimmung.Dabei hat der Künstler kein allgemein gültiges Rezept für eingeglücktes Leben zur Hand, doch ist er überzeugt: «Es ist völligegal, was wir auf diesem Planeten tun. Nur uns selbst darf es nichtegal sein».

Offen spricht Danzer, der als Jugendlicher zu rauchen begonnen undvor drei Jahren damit aufgehört hat, auch über seine Krankheit. ImSommer, nach einem Konzert, wurde bei ihm Lungenkrebs diagnostiziert.Kein Grund für den Musiker, der in zweiter Ehe mit seinen Söhnen undseiner Frau auf dem Land nicht weit von Wien lebt, zu resignieren:«Ich nehme die Krankheit als Herausforderung an», meint er. «MeinThema heißt halt jetzt: Georg wird gesund.» Selbstmitleid liegt ihmnicht, auch Mitleid will er nicht. Lieber geht er in die Offensive:«Vielleicht schreibe ich auch noch ein paar schöne Lieder».

Georg Danzer: Jetzt oder nie. Im Gespräch mit Christian Seiler., Amalthea Verlag, Wien, 160 S., 19,90 Euro, ISBN 978-3-85002-584-3